NPD will Antifaschisten ausspionieren

Rechte Partei ruft in Sachsen zur Teilnahme an der Volkszählung 2011 auf

  • Lesedauer: 2 Min.
Die NPD plant, die Volkszählung im kommenden Jahr mit Hilfe eigener Interviewer für eine »nationaldemokratische Marktforschung« zu nutzen.

Bautzen/Berlin (epd/ND). Nach einem Aufruf der rechtsextremen NPD in Sachsen an ihre Mitglieder und Anhänger, sich als Interviewer an der geplanten Volkszählung 2011 zu beteiligen, hat das statistische Landesamt in Sachsen von den Erhebungsstellen ein »wachsames Vorgehen« bei der Auswahl der Interviewer gefordert.

Zwar würden die sogenannten Erhebungsbeauftragten nach Kriterien wie Volljährigkeit, Zuverlässigkeit und gepflegtes Auftreten ausgewählt, sagte die beim Statistikamt für den Zensus 2011 verantwortliche Öffentlichkeitsreferentin, Lydia Rauscher, auf Anfrage in Bautzen. Fragen nach der politischen Gesinnung bei der Auswahl gingen jedoch zu weit. Im Zweifel habe jeder Auskunftspflichtige das Recht, den Interviewer an der Haustür abzulehnen und stattdessen einen Fragebogen per Post zu übermitteln, betonte Rauscher.

Der Zensus 2011 geht auf eine EU-Vorgabe zurück. Bundesweit werden Schätzungen zufolge rund 80 000 Erhebungsbeauftragte für die Volkszählung benötigt. Sie fragen unter anderem nach Wohnstatus, Staatszugehörigkeit, Familienstand, Schulabschluss und Religionszugehörigkeit. Die sächsische NPD will die Befragungen als »nationaldemokratische Marktforschung zur idealen Wähleransprache« nutzen. In dem Aufruf heißt es weiter, dass es ein »besonderer Reiz« sei, auch Eindrücke von den Lebensverhältnissen »des einen oder anderen Antifaschisten« zu bekommen.

Vor Missbrauch warnte derweil die Internationalen Liga für Menschenrechte. »Der Zensus 2011 verstößt gegen das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung«, erklärte Vizepräsident Rolf Gössner gestern in Berlin. Proteste seien deshalb »gerechtfertigt und unterstützenswert«. Die Kritik der Bürgerrechtler an der Volkszählung richtet sich unter anderem gegen die Speicherung der Informationen in einer zentralen Datenbank. Die Daten könnten über eindeutige Ordnungsnummern den Bürgern zugeordnet und damit auch »zu heiklen Personenprofilen« verknüpft werden, betonte Gössner. Eine derartige Identifikations- oder Personenkennziffer sei vom Bundesverfassungsgericht in früheren Urteilen verboten worden.

Zudem blieben die Daten bis zu vier Jahre lang gespeichert, sagte Gössner. »So entsteht für einen langen Zeitraum eine riesige, schwer kontrollierbare zentrale Datensammlung mit erheblichem Missbrauchspotenzial, wie es allen großen Datenbanken eigen ist.«

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