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Wie man in Köln Kidon-Killern half

Vor einem Jahr wurde in Dubai ein Hamas-Führer getötet – Deutschland half, Spuren zu verwischen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 5 Min.
Der Mord an dem Hamas-Führer Mahmud Mabhuh in Dubai machte Schlagzeilen rund um die Welt. Der deutsche Außenminister forderte die Aufklärung der Tat und versprach Unterstützung. Ein Jahr ist seither vergangen und Deutschlands Aufklärungswille – so es ihn je gab – scheint verflogen.

Am 19. Januar 2010 um 20.24 Uhr hatte der Palästinenser Mahmud Mabhuh – der bei der islamistischen Hamas als Waffenbeschaffer galt und dem die Entführung zweier israelischer Soldaten zur Last gelegt wird – die Lobby des Hotels »Al Bustan Rotana« zum letzten Mal betreten. Um 20.46 Uhr verließen seine Mörder nacheinander das Hotel. Unbehelligt.

Wieder einmal hatte ein Kidon-Team (Kidon – hebräisch für Bajonett) zugeschlagen. Doch diesmal pfuschten die Killer vom israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad. Das Hotel hat überall Kameras installiert. Deren Aufzeichnungen wurden veröffentlicht, überall auf der Welt ließ sich nachvollziehen, wie das zwölfköpfige Hit-Team seine Mordtat vorbereitet hat.

Entsprechend groß war die Empörung. Auch Armin Fiand, Rechtsanwalt in Hamburg, empörte sich. Besonders nachdem bekannt geworden war, dass der Mossad auch einen deutschen Pass benutzt hatte. Einer der Täter reiste als Michael Bodenheimer aus Köln.

Pech gehabt mit Haftbefehl

Fiand stellte bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige »wegen Verdachts der Beteiligung eines deutschen Staatsangehörigen bzw. deutscher staatlicher Dienststellen an der Ermordung des Hamas-Funktionärs«. Am 17. Juni – Fiand war inzwischen verstorben – lag eine Auskunft der Kölner Staatsanwaltschaft vor. Man habe »das Ermittlungsverfahren eingestellt, nachdem das Bundesverwaltungsamt in Köln mitgeteilt hat, dass die Einbürgerung des ›Michael Bodenheimer‹ von Anfang an nichtig sei«. Die Nachforschungen hätten zudem »keinerlei weiterführende Hinweise zur Staatsangehörigkeit und Person des Michael Bodenheimer« erbracht.

Seltsame Entscheidung. Denn bereits am 4. Juni hatten polnische Grenzschützer auf dem Warschauer Flughafen einen Uri Brodsky festgenommen. Den suchten deutsche Bundesanwälte per Interpol-Haftbefehl, weil er offenbar bei der Beschaffung des echten falschen Bodenheimer-Passes behilflich gewesen ist. Er soll im Frühjahr 2009 einem Mossad-Kollegen beim Einwohnermeldeamt geholfen haben, genau diese Papiere zu erhalten. Polen wollte den Mann an Deutschland ausliefern, Israels Regierung machte Warschau darauf aufmerksam, »dass Polen kein Teil Deutschlands ist« und daher »in völliger Unabhängigkeit« entscheiden könne. Polens Premier Donald Tusk begriff: »Wir sind darauf angewiesen, dass diese Situation keine negativen Auswirkungen auf die Beziehungen mit Israel nach sich zieht.«

Die wollte Deutschland auch vermeiden, bestellte den israelischen Botschafter nicht ein, sondern bat ihn zum Gespräch, und Bundesinnenminister Thomas de Maizière erklärte, »insbesondere strafrechtliche Rechtshilfeersuchen werden in allererster Linie nach Strafrecht und nicht nach außenpolitischen Interessen« behandelt.

Karlsruhe drückte Auge zu

Offenbar wählte man dennoch die »zweite Linie«. Vier Wochen gingen ins Land, bis Einigkeit erzielt war, unter welchen Bedingungen Polen Brodsky an Deutschland ausliefert. Karlsruhe versprach, den Vorwurf der Agententätigkeit auszusetzen. Kölner Staatsanwälte wollten sich nur um die »mittelbare Falschbeurkundung«, also das Passvergehen, kümmern.

Noch am Abend der Auslieferung führte man Brodsky einem Haftrichter vor. Der entschied, dass man den Beschuldigten gegen eine »Sicherheitsleistung von 100 000 Euro – so ein Auslieferungsverfahren kostet ja schließlich eine Menge«, auf freiem Fuß lassen solle. Der zuständige Oberstaatsanwalt Rainer Wolf protestierte nicht, denn »mehr sei da ohnehin nicht rumgekommen«. Als Geheimdienstler sei »Brodsky – oder wie immer er heißt – ohnehin verbrannt«. Schließlich habe man den Mann »erkennungsdienstlich behandelt« und der Agentenvorwurf der Bundesanwaltschaft sei ja auch noch in Kraft. Doch genau dazu und zu seinem Geheimdienstkollegen »Bodenheimer« hat man Brodsky alias »sonst wie« nicht befragt. Der Gefangene wurde umgehend zum Flughafen gebracht. Das war im August.

Seither hat offenbar kein Ermittler versucht, zu ergründen, wie es dazu kam, dass das Kölner Einwohnermeldeamt rasch und ohne Nachfragen einen zweiten Pass für einen Michael Bodenheimer ausgestellt hat. Obwohl der eigentliche weder abgelaufen noch verloren gemeldet worden war. Niemand fragte nach, wieso der zweite Pass – ausgenommen das Lichtbild – sogar bis zur Unterschrift absolut identisch ist mit dem des echten Michael Bodenheimer. Es ist auch nicht bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter des Amtes gemaßregelt wurde, weil er wider jede Arbeitsanweisung handelte. Den Anwalt, der die Identität des falschen Michael Bodenheimer bestätigt hatte, bezeichnete Wolf als »honorig«.

Hätte man nachgeforscht, wäre man sicherlich beim sogenannten Landesverbindungsreferenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) gelandet, der vermutlich eine seiner »Sonderverbindungen« um Amtshilfe gebeten hat. Dieser BND-Mann vor Ort hätte Fragende an die Behördenleitung verweisen müssen, denn es ist schon seit Zeiten der Organisation Gehlen Usus, dem Mossad deutsche Dokumente jeder Art zu überlassen. Die sind bei vielen Diensten begehrt, weil ein Auftreten als Deutscher in den meisten Regionen akzeptable Bewegungsmöglichkeiten garantiert.

Mossad-Methode in Iran?

Doch während sogar die CIA dem BND bei einem solchen Deal mitteilen muss, für wen der Pass bestimmt ist, verteilt die »Firma« an den Mossad »Blanko-Pässe«, bestätigt Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom: »Der BND weiß nicht, was, wer, wann, wo mit den Papieren anstellt.« Trifft das auch im Fall Mahmud Mabhuh zu, hätte der BND vermutlich Beihilfe zum Mord geleistet. Wie unappetitlich!

Möglicherweise ist der deutsche Dienst durch seine Dokumenten-Vergabepraxis auch zumindest mittelbar beteiligt an Mossad-Aktionen gegen Iran. Die reichen vom Ausspionieren von Atomanlagen bis zum Attentat auf einen bekannten Kernphysiker. Folgt man solchen Überlegungen, kann man die rüde Inhaftierung deutscher Journalisten – wegen angeblichen Verstoßes gegen iranische Visabestimmungen – vielleicht sogar als eine Art Warnung begreifen.

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