Entbehrungssozialismus? Aber nicht mit Klaus Ernst!

Parteivorsitzender der LINKEN kommt nochmal auf Porsche zurück

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Die LINKE bot auch am Mittwoch Anlass zu öffentlicher Erörterung ihres inneren Zustands – ein Umfrageergebnis, schrille Töne und ein Beitrag zur Programmdebatte sorgten dafür.

Nachdem zu Wochenbeginn mit dem politischen Jahresauftakt der Schulterschluss demonstriert worden war, zerstoben am Mittwoch erneut alle überschüssigen Gemeinsamkeiten. In einem Interview mit dem »Stern« bekräftigte Parteichef Klaus Ernst seine fröhliche Sicht auf die Welt, indem er seiner Abscheu gegenüber innerparteilicher Verbiesterung Ausdruck gab. Er fahre gern Porsche und lasse sich nicht vorschreiben, was er mit seinem Geld anfange. »Ein Entbehrungssozialismus« sei mit ihm »nicht zu machen«, und eine LINKE, die ihren führenden Leuten vorschreibe, wie sie zu leben haben, sei »so attraktiv wie ein Kuhfladen«. »Wenn wir immer so tun, als tragen wir das ganze Leid der Welt auf unseren Schultern, interessiert sich doch kein Schwein für uns.«

Während die »Frankfurter Rundschau« in einem mit klandestinen Behauptungen agierenden Artikel über die Halbwertzeit von Ernst spekulierte, sieht die »Süddeutsche Zeitung« den Machtkampf in Gestalt eines Entwurfs zum Parteiprogramm ausgebrochen, der aus der Feder der Parteivizevorsitzenden Halina Wawzyniak und von Schatzmeister Raju Sharma stammt. Dieser Gegenentwurf werde vor allem als Kampfansage an Ernst und seinen Amtsvorgänger Oskar Lafontaine verstanden, heißt es dort. Wawzyniak bestreitet dies ausdrücklich. »Dies ist ein normaler Beitrag zur offenen Programmdiskussion, in der wir uns befinden.« »Ohne Stress«, fügt sie ihrer Erläuterung noch einen versöhnlich gemeinten Kommentar hinzu. Bis zum Mai werde bekanntermaßen aus allen vorliegenden Vorschlägen ein Leitantrag formuliert. Gleichwohl handelt es sich beim Vorschlag der beiden Vorstandsmitglieder um einen grundsätzlichen Gegenentwurf. Und sie begründen dies auch mit dem Bedürfnis, »gravierende Schwächen« des bisherigen Entwurfs beseitigen zu wollen. Auch wenn sie in der Begründung ihres Antrags von »(vielen) gelungenen Passagen des Programmentwurfs« sprechen, die genutzt werden sollten – die Autoren hegen ernste Zweifel, »dass die Prognose des ehemaligen Parteivorsitzenden eintritt«, die »Struktur dieses Entwurfs und die allermeisten seiner Inhalte würden am Ende der Programmdebatte aus gutem Grund Bestand haben«. Auch das von Katja Kipping im Streit um Ernsts Debattenstil geprägte Wort vom »Anrühren von Zement« findet Verwendung in ihrem Plädoyer, das sie mit »Sehnsucht nach dem Meer« überschrieben haben. »Was die Programmdebatte der LINKEN braucht, sind weniger Haltelinien und mehr Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer«, begründen sie ihren Titel unter Verweis auf eine Weisheit von Antoine de Saint-Exupéry, Verfasser des »Kleinen Prinzen«.

Die Sehnsucht nach ein paar Haltelinien könnte bei einigen Linksparteimitgliedern eine Umfrage von Forsa geweckt haben, die die LINKE derzeit bei neun Prozent sieht. Damit habe sich die Partei um zwei Prozent verschlechtert, heißt es in dem von »Stern« und RTL in Auftrag gegebenen Wahltest.

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