Knapper Sieg
Turiner Autobauer stimmten Fiat-Werkvertrag zu
Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, als die Ja-Front mit einem sehr viel höheren Zustimmungswert gerechnet hatte Der Vertrag wurde allein von der FIOM-CGIL abgelehnt, die bei den Gewerkschaftswahlen nur 22 Prozent erzielt hatte; dafür hatten sich neben der Unternehmensleitung, den anderen fünf im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, die italienische Regierung und auch die Oppositionsparteien bis weit ins linksliberale Lager ausgesprochen. Selbst im Dachverband CGIL, zu dem die Metallarbeitergewerkschaft FIOM gehört, gab es Stimmen, die auf eine Zustimmung drängten. Dennoch hätte beinahe David (die Arbeiter um die FIOM) Goliath besiegt und die Stimmung in der Fabrik ist unter den »Verlierern« alles andere als deprimiert. Man will weiter kämpfen und auf jeden Fall dafür sorgen, dass die FIOM nicht – wie es vom jetzt verabschiedeten Vertrag eigentlich vorgesehen wäre – aus Mirafiori verbannt wird. So sagt Susanna Camusso, Generalsekretärin der CGIL: »Diese Abstimmung hat bewiesen, dass man eine Fabrik nicht ohne den Konsens der Arbeitnehmer führen kann und hat die Rückkehr zu einer Fabrik, die einer Kaserne gleicht, abgelehnt«.
Doch mit der Annahme des Vertrags sind die Probleme weder für die unmittelbar Beteiligten noch für die politischen Kräfte vom Tisch. Mit seinem regelrechten Erpressungsversuch (»wenn das Nein siegt wird Mirafiori verlagert und 7500 Arbeitsplätze werden gestrichen«) hat FIAT-Chef Sergio Marchionne zwar alle bisherige Gewissheiten niedergewalzt, aber an deren Stelle nichts Neues aufgebaut. Zwar genießt er dabei die Rückendeckung der Berlusconi-Regierung, doch selbst der Unternehmerverband Confindustria ist skeptisch gegenüber einer solchen Strategie, die die Gewerkschaftsrechte stark beschneidet und man fürchtet, dass mit dem Wegfallen der nationalen Tarifverträge in den Betrieben das Chaos ausbrechen könnte.
Die Frage bleibt also, was Marchionne tatsächlich anstrebt. Fast alle Analysten sind der Meinung, dass der FIAT-Chrysler-Konzern seine Stellung auf dem Weltmarkt kaum verteidigen kann und sich trotz anders lautender blumiger Worte in einem Schrumpfungsprozess befindet. Auf dem europäischen Markt hat er im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahr noch einmal zwei Prozentpunkte verloren und nur noch einen Marktanteil von 6,2 Prozent.
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