Rückwirkend von Steuer absetzbar, aber ...
Leserfrage zum häuslichen Arbeitszimmer
Ich bin Lehrerin und habe im ND-Ratgeber gelesen, dass es nach einer Neuregelung künftig möglich ist, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich abziehbar sein müssen. Nun hört und liest man aber auch, dass es offensichtlich unterschiedliche Auslegungen darüber gibt. Wie ist die Rechtslage nun tatsächlich?
Monika H., Berlin
Tatsächlich ist es so, dass sich nach einer Gesetzesänderung für das häusliche Arbeitszimmer jetzt mehr von der Steuer absetzen lässt, so die Antwort des Steuerberaters Christian Fröhlich von der Kanzlei Ebner Stolz Mönning Bachem aus Hannover, und führt dazu weiter aus:
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Frühjahr 2010 entschieden, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auch steuerlich abziehbar sein müssen, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und das heimische Büro den qualitativen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt.
Von der am 14. Dezember 2010 in Kraft getretenen Gesetzesänderung profitieren vor allem Lehrer, Dozenten, Außendienstler, EDV-Berater oder Vertriebsmitarbeiter für die anstehende Einkommensteuererklärung 2010 so- wie darüber hinaus für die Vergangenheit ab 2007, wenn die Steuerbescheide noch offen sind. Bei Lehrern beispielsweise wird das Lehrerzimmer in der Schule als nicht ausreichend zur Erledigung schulischer Aufgaben angesehen, so dass der Lehrer ein Großteil seiner Arbeit zu Hause erledigen muss.
Ab sofort ist der Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer bis zur Höhe von 1250 Euro jährlich rückwirkend ab 2007 möglich. »Ob es hingegen eine Rückzahlung für die Jahre 2007 bis 2009 gibt, hängt davon ab, ob der Steuerfall derzeit noch offen ist, also insoweit noch kein bestandskräftiger Bescheid vorliegt«, erläutert Christian Fröhlich. Einkommensteuerbescheide waren seit April 2009 in Bezug auf das Arbeitszimmer vorläufig ergangen. Daher kann in diesen Fällen die rückwirkende Gesetzesänderung nunmehr von den Finanzbeamten angewendet werden. Der Erstattung ab 2007 steht nichts im Wege.
Hierzu müssen allerdings gegenüber dem Finanzamt die Aufwendungen bis zu 1250 Euro nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden sein, da es nicht um eine Pauschale handelt. Sofern das noch nicht geschehen ist, ist das schnell nachzuholen.
Sofern ältere Bescheide bereits bestandskräftig geworden sind, bestehen kaum Chancen auf eine Rückzahlung. Denn die gesetzliche Neuregelung wird gemäß dem Spruch der Verfassungsrichter nur in offenen Fällen umgesetzt. Die einzige Möglichkeit besteht hier, innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist die heimischen Bürokosten nachzumelden.
Ungleich besser sieht es aus, wenn überhaupt noch keine Steuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 vorliegen. Dann können die Aufwendungen hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers sofort berücksichtigt werden.
Weiterhin nichts absetzen können alle Berufstätigen, denen die Firma Büro oder Werkstatt zur Verfügung stellt. Bei ihnen zählt das häusliche Arbeitszimmer selbst dann nicht, wenn dort am Abend oder Wochenende für die Firma Aufgaben erledigt werden. Generell können Selbstständige und Arbeitnehmer die Kosten für die Büroeinrichtung wie Schreibtisch, Stuhl, Regale oder PC als Arbeitsmittel geltend machen.
Überhaupt nicht betroffen von der Gesetzesänderung sind Arbeitnehmer und Selbstständige mit einem außerhäuslichen Arbeitszimmer. Hier waren die Raumkosten bei beruflicher Nutzung ohnehin auch ab 2007 weiterhin abzugsfähig. Das gilt etwa für Zimmer, die keine Verbindung mit den privaten Wohnräumen im gleichen Mehrfamilienhaus über einen direkten Zugang haben. Ist der Zutritt zum Büro nur über ein auch von Dritten benutztes Treppenhaus möglich und werden Dachgeschoss oder Kellerräume nahezu ausschließlich beruflich genutzt, steht dem vollen Abzug von Werbungskosten nichts im Wege. Gleiches gilt, wenn sich das Arbeitszimmer in einem anderen Gebäude befindet. Ausreichend ist in diesem Fall eine berufsbedingte Betätigung nach Feierabend oder am Wochenende.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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