Offene Briefe aus Afghanistan
Verletzung des Briefgeheimnisses bei Feldpost / Verteidigungsministerium untersucht die Fälle
Betroffen sind besonders Angehörige eines in Masar-i-Sharif stationierten Kampfbataillons. Die Fallschirmjäger haben ihre Garnison im niedersächsischen Seedorf. Er habe von den Vorgängen bei einem Besuch im Feldlager Masar-i-Sharif erfahren und Verteidigungsminister zu Guttenberg in einem mit dem 17. Januar datierten Brief darüber unterrichtet, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages Hellmut Königshaus (FDP) am Mittwoch. Der ehemalige Richter meint, es könnte »unter Umständen« eine Straftat vorliegen. Es handle sich um einen »unhaltbaren Zustand«, ergänzt zu Guttenberg.
Die Vorsicht, die zu Guttenberg und Königshaus an den Tag legen, deutet entweder darauf hin, dass der Vorwurf aus der Luft gegriffen sein könnte oder dass ein Skandal »klein gehalten« werden soll. Wenn es stimmt, dass jemand Soldaten-Post zensiert, dann handelt dieser Jemand gegen das Grundgesetz und ist kriminell. Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich, sagt die Verfassung, macht allerdings Ausnahmen, wenn es dem Schutze der freiheitlich demokratischen Grundordnung oder dem Bestand oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes dient. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall.
Das Grundrecht gilt selbstverständlich auch für Bürger in Uniform. Die Zeiten der Geheimen Feldpolizei endeten am 8. Mai 1945. Und auch die MfS-Beauftragten in NVA-Truppenteilen – man nannte sie gewöhnlich »V-Nuller« – sind außer Dienst. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) hat diese Rechte wider das Recht nicht geerbt. Sobald also heute ein Brief bei einem Feldpostamt oder einer Feldpoststelle abgeliefert wird, unterliegt er dem Postgeheimnis. Natürlich auch dann, wenn das Feldpostamt einen Container mit Briefen der Bundeswehr für den Transport nach Deutschland übergibt.
Bekannt ist, dass der Zoll immer mal wieder und oft begründet Feldpost-Pakete kontrolliert. Doch die Beamten hinterlassen dabei entsprechende Aufkleber auf den Sendungen. Merkwürdig ist auch, dass bei der Post bislang angeblich keine Beschwerden über Feldpost-Unregelmäßigkeiten eingegangen sind. Das gilt auch für die Bundeswehr-Feldpostleitstelle Darmstadt. Es gebe nicht einmal Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht. Die aber müsste es geben, wenn über Monate immer wieder geöffnete und/oder leere Briefe aus dem Kriegsgebiet ankommen.
Und was soll schon Geheimes oder gar Kriegsrelevantes in den Briefen stehen? Es ist lediglich möglich, dass in der Post Schilderungen über die für die ISAF gestiegene Gefahrenlage und die zunehmenden Spannungen innerhalb des deutschen Kontingentes enthalten sind.
Andererseits versucht man – gestützt auf angebliche technische Probleme – ja auch den Soldaten so wenig wie möglich über die Stimmung in der Heimat mitzuteilen. Anders als beispielsweise ihre Kameraden aus den USA und Kanada haben deutsche Soldaten kaum die Möglichkeit zum Internetsurfen oder zum uneingeschränkten E-Mail-Verkehr.
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