Zwischen Etatloch und Schuldenberg

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Vertrauen der US-amerikanischen Verbraucher in die wirtschaftliche Zukunft habe sich zu Jahresbeginn unerwartet deutlich verbessert, teilte das New Yorker Conference Board jetzt mit. Nach einem leichten Minus im Dezember machte der sogenannte Zuversichtsindex dieses Instituts der Privatwirtschaft im Januar einen regelrechten Sprung nach oben – von 53,3 auf 60,6 Punkte, mehr als alle Experten erwartet haben.

Das passt zum Tenor der Obama-Rede, ist die Stimmung der Verbraucher doch ein Dreh- und Angelpunkt der mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 14 Billionen US-Dollar weltweit größten Volkswirtschaft, weil sie zu 70 Prozent vom Privatkonsum abhängt. Aber auch wenn die Bürger nun wieder eher Wachstum erwarten, das auch zu mehr Arbeitsplätzen führt – die Lage im Lande bleibt schwierig.

Die Arbeitslosigkeit ist für USA-Verhältnisse mit offiziellen 9,4 Prozent weiterhin sehr hoch und dürfte nach Schätzung von Experten real sogar bei etwa 17 Prozent liegen. Zugleich verläuft der Jobaufbau langsamer als vom Weißen Haus erhofft. Nach Einschätzung von Notenbankchef Ben Bernanke werde es wohl vier bis fünf Jahre dauern, bis sich die Lage am Arbeitsmarkt wieder normalisiert hat. Sichtbare Erfolge dort sind nach Ansicht politischer Beobachter für den Präsidenten aber unentbehrlich, um 2012 wiedergewählt zu werden. Auch vor diesem Hintergrund plädierte Obama jetzt für gezielte staatliche Investitionen in Forschung und Bildung sowie zukunftsfähige Wirtschaftsbereiche. So sollen bis 2035 rund 80 Prozent des Stroms aus sauberen Energiequellen stammen, wobei der Präsident hier die Kernkraft hinzuzählt. Innerhalb von fünf Jahren würden 98 Prozent aller USA-Bürger Zugang zu kabellosen Internetverbindungen haben.

Aber all diese Visionen und Hoffnungen bewegen sich zwischen einem auf 13,95 Billionen Dollar (rund 11 Billionen Euro) angewachsenen Schuldenberg und einem Haushaltsloch von 1,3 Billionen Dollar. Finanzminister Timothy Geithner sprach gar von der Gefahr eines Staatsbankrotts mit »katastrophalen wirtschaftlichen Konsequenzen, die über Jahrzehnte zu spüren wären«, sollte der Kongress die selbst gesetzte Schulden-Schallmauer von derzeit 14,3 Billionen Dollar nicht anheben. Dazu könnte es bereits im Frühjahr kommen.

So maß Präsident Obama, der mit William Daley einen früheren Topmanager der Großbank J.P. Morgan Chase zu seinem neuen Stabschef gemacht hat, in der Grundsatzrede der Haushaltssanierung denn auch entscheidende Bedeutung bei. Ohne Eingriffe in die Sozialsysteme werde das allerdings nicht gehen.

Dabei hat die Armutsquote in seiner Amtszeit schon historische Ausmaße erreicht. Im Vorjahr lag sie bei 14,3 Prozent (43,6 Millionen). Damit gilt jeder siebte USA-Bürger als arm – die höchste Rate seit 51 Jahren, als diese Statistik eingeführt wurde. Zugleich ist die Schere zwischen Arm und Reich laut einer aktuellen Studie weiter auseinander gegangen. Das eine Prozent der reichsten Haushalte habe im Schnitt 225 Mal so viel Vermögen wie der US-amerikanische Durchschnittshaushalt, errechnete das »Economic Policy Institute«. So groß sei der Unterschied seit Beginn der Erhebung 1962 noch nie gewesen.

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