50 Millionen aus heiterem Himmel

Kirchenkreis Herford berät über Schwarze Kasse

  • Holger Spierig, epd
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall eines jetzt bekannt gewordenen Sondervermögens des Kirchenkreises Herford. Es geht um fast 50 Millionen Euro. An diesem Wochenende befasst sich die Kreissynode Herford mit dem ominösen Geld.

Herford. Für viele war es ein Schock. Seit vor knapp zwei Wochen im ostwestfälischen Kirchenkreis Herford ein über Jahrzehnte heimlich angespartes Sondervermögen von fast 50 Millionen Euro auftauchte und bundesweit für Schlagzeilen sorgte, kommt die Kirche in der Region nicht mehr zur Ruhe. Pfarrer erleben in ihren Gemeinden Empörung, Staunen und hitzige Diskussionen.

»Wir wussten von der ganzen Geschichte nichts«, sagt Pfarrer Olaf Reinmuth, stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses im Kirchenkreis. An diesem Sonnabend dürfte es heiß hergehen: Dann befasst sich die Kreissynode mit dem unverhofft aufgetauchten Millionenschatz.

Sparkurs trotz Vermögen

Gebrochen wurde das jahrzehntelange Schweigen von Michael Krause, der 2009 das Amt des Superintendenten im Kirchenkreis übernahm. Bis dahin wurde das Wissen über den Geheimfonds von Superintendent zu Superintendent weitergegeben, darüber hinaus war nur kleiner Kreis eingeweiht. »Ich kann nicht den Kirchengemeinden sagen, Ihr müsst sparen, und dann liegen 50 Millionen auf dem Konto«, begründet Krause seinen Schritt. Die Verantwortlichen hätten im Jahr 1967 in guter Absicht gehandelt, als sie 1,5 Millionen D-Mark größtenteils aus Kirchensteuern als »Sparbuch« für schlechte Zeiten anlegten.

Angesichts klammer Kirchenkassen müsste zwar eigentlich eitel Freude herrschen über das unverhoffte Vermögen. Nach einem harten Sparkurs, den sich der Kirchenkreis in den letzten Jahren verordnete, dominieren aber eher Empörung und Enttäuschung. Mit dem Wissen um das Vermögen hätten die Einschnitte schonungsvoller und über längere Zeiträume hinweg umgesetzt werden können, sagen Gemeindemitglieder.

Vor sechs Jahren waren Kürzungen von drei Millionen Euro auf den Weg gebracht worden, Stellen etwa bei der Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit wurden gestrichen. Bei Kantoren, Jugendmitarbeitern und Küstern wurden Stunden gekürzt. In den Gemeinden kenne jeder eine Reinigungshilfe oder einen Küster, der heute dort nicht mehr arbeite, erklärt Pfarrer Berthold Keunecke. Wer den Sparkurs mitgetragen habe, fühle sich jetzt getäuscht und im Stich gelassen: »Das hat schon die Atmosphäre vergiftet.« Befürchtet wird jetzt ein Spendenrückgang. Keunecke setzt auf »Schadensbegrenzung durch gute Aufklärung«.

Normale Gewinne?

Anlass zu Spekulationen gibt die überaus hohe Rendite von durchschnittlich rund zehn Prozent. Nach Einschätzung einiger Finanzexperten sind solche Gewinne ohne Risikopapiere kaum zu erreichen. Wenn man die Märkte und den Zinseszinseffekt bis in 60er Jahre zurück berücksichtige, könnte es aber durchaus um Geldanlagen nach kirchlichen Richtlinien gehandelt haben, meint dagegen eine Sprecherin der kirchlichen KD-Bank in Dortmund.

Von der Kreissynode am heutigen Samstag erhoffen sich die Gemeinden Klarheit. »Wir erwarten, dass das Vertrauen wieder hergestellt wird, dass aufgearbeitet und informiert wird«, sagt Keunecke. Der Kreissynodalvorstand wird wohl zurücktreten, um einen Neuanfang zu ermöglichen. Superintendent Krause kündigte eine »ehrliche Aussprache und eine transparente Darstellung« an – und bat um einen behutsamen Umgang zwischen den Mitwissern um das Sondervermögen und jenen, die von nichts wussten.

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