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»Scholzomat« trifft »Gazprom-Gerd«
Hamburger SPD-Spitzenkandidat holte sich professionellen Sozialstaatsstabilisierer zur Verstärkung
Der nicht unbedingt wegen seines Esprits populäre SPD-Bürgermeisterkandidat Olaf Scholz geht auf Nummer sicher. »Scholzomat«, wie ihn seine Genossen nicht immer nur liebevoll titulieren, verpasste seinem – waterkantianisch gesprochen – »dröchen« (trockenen) Wahlkampf gestern noch ein bisschen Glamour. Wer wäre dafür geeigneter als jemand, dem von Parteifreunden einst nachgesagt wurde: »Er kann über Wasser laufen«? Also lud Scholz gestern zur »Gerd-Show« mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ins Radisson BLU Hotel am Congress Center Hamburg. Wenn so eine feierliche Angelegenheit wie die Abgabe »eines klaren Bekenntnisses der SPD zum Wirtschaftsstandort Hamburg« auf der Tagesordnung steht, dann darf der zuständige Senator in spe, vor Kurzem noch Handelskammer-Präses, Frank Horch nicht fehlen.
Mancher Mitbewerber um die Wählergunst »verliert offenbar die Contenance«, sagte Olaf Scholz in seiner Begrüßung mit einem Anflug überheblichen Mitleides für den wohl schon feststehenden großen Verlierer: die CDU. Konkret spielte Scholz auf einen verbalen Ausraster des zurzeit noch zweiten Bürgermeisters Dietrich Wersich an, der das SPD-Haushaltssanierungskonzept erbost als »Verarsche« bezeichnet hatte. Scholz holte sogleich zum Gegenschlag aus: »Ich habe selten so viel Fan-Post bekommen wie für meinen Satz ›Hamburg hat die wirtschaftsfeindlichste Regierung seit 1946‹.«
Dann lehnte sich Scholz zurück und ließ den Ex-Kanzler machen. Der wollte nicht »'ne Flasche Bier«, sondern gab sich ganz seriös und staatsmännisch. Deutschland habe die Krise im Vergleich zu anderen europäischen Staaten gut überstanden, weil es nicht wie etwa Großbritannien auf Finanzdienstleistung und Deindustrialisierung gesetzt habe. Weitere Gründe seien das Festhalten am »häufig als überholt diskreditierten Sozialstaat« und eine »wirklich gelungene Sozialpartnerschaft«, so Schröder. Die Unternehmer hätten die Arbeitnehmer kurzarbeiten lassen, statt sie auf die Straße zu setzen. Die Gewerkschaften wiederum hätten sich »außerordentlich vernünftig bei der Lohnfindung verhalten«, meint er. Nun solle aber die Zurückhaltung aufgegeben werden – zugunsten der Steigerung der Binnennachfrage.
Ein weiterer Erfolgsmotor sei die »nicht bei allen in unserer Partei beliebte Agenda 2010«, fuhr Schröder seine Lobeshymne auf die eigene Regierungspolitik fort. Das Reformpaket habe eine »Stabilisierung des Sozialstaates« bewirkt. Freilich hatte Schröder seinem Hartz-IV-Co-Architekten noch ein paar Ratschläge für die Hamburg-Politik mitgebracht: Scholz' Wahlversprechen der kostenlosen Kita findet er »vernünftig«, die geplante Schuldenbremse – ein Zehn-Jahresplan mit Ausgabensteigerung von maximal einem Prozent – auch, »aber ohne starre Grenzen«.
Schließlich gaben der (wohl) zukünftige Bürgermeister und sein Wirtschaftssenator dem im Volksmund des Ostens geführten Begriff »Horch und Guck« eine ganz neue Bedeutung: Scholz guckte sichtlich stolz auf seine Eroberung (Frank Horch), während die mit allen nur erdenklichen Superlativen Hamburg »herausragende Zukunftsmöglichkeiten« offenbarte. Voraussetzung sei, dass die Stadt ihre Trumpfkarte ausspiele: »Die Nähe zum Wasser.« Der Ausbau des Hafens zu einem »industriellen Universalhafen mit dem Schwerpunkt Container-Wirtschaft« müsse zügig laufen, sagte Horch und warb unter anderem für die Elbvertiefung.
Dann verlies die neoliberale Dreifaltigkeit das Podium und der häufig als »Gazprom-Gerd« Geschmähte ließ doch noch die Löcher aus dem Käse fliegen – wenigstens ganz kurz: »Na, so schöne Männer habt Ihr lange nicht gesehen!«, rief Schröder den Fotografen zu. Und dann war er auch schon weg.
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