Aus wenig Geld das Beste machen – Teil 26 Geld anlegen mit gutem Gewissen: »ethisches Investment«

Finanzen

  • Lesedauer: 5 Min.
Ökologisch und sozial ausgerichtete Geldanlagen sind im Kommen. »Grün-Anlagen« bieten auch für clevere Sparer ein interessantes Themenfeld.

Noch nie war es so einfach wie heute, mit »gutem Gewissen« zu sparen. Mittlerweile können Sie beispielsweise Erspartes in mehrere hundert Investmentfonds investieren, die alle nach ethischen, sozialen und/oder ökologischen Kriterien das Geld der Fondsanteilskäufer anlegen.

Aber es muss nicht unbedingt ein riskanter Aktienfonds sein. Nachhaltig sparen können Sie auch bei einigen Banken mit alternativem Profil.

Angefangen hatte es vor vier Jahrzehnten mit einem Drama. Die Idee für das sogenannte ethische Investment stammt aus den USA. 1968 demonstrierten ausgerechnet Aktionäre des Chemiekonzerns Dow Chemical gegen die Produktion von Napalm. Mit Brandbomben voller Napalm verursachte die US-Luftwaffe schreckliche Verwüstungen in Vietnam. Viele Anleger verkauften daraufhin ihre Dow-Papiere und der Aktienkurs fiel ins Bodenlose.

Neuer Rekordstand

Mit diesem Börsenfall begann jedoch der rasante Aufstieg für Finanzprodukte, die Geld nach moralischen, sozialen oder ökologischen Kriterien anlegen. Heute ist dies ein Milliardenmarkt. Im vergangenen Jahr erreichten in Deutschland grüne Geldanlagen in Form von Investmentfonds (siehe Ratgeber Nr. 974 vom 17. November 2010) ein neues Rekordvolumen: Mehr als 32 Milliarden Euro hatten Anleger zum Jahreswechsel hier investiert, meldet der Infodienst »ECO-Reporter«.

Mittlerweile können die Anleger aus über 300 grünen Fonds, die in Deutschland zugelassen sind, auswählen. Als ECO-Reporter 1997 diese Daten erstmals ermittelten, gab es nur zwölf nachhaltige Fonds mit einem Volumen von umgerechnet lediglich 0,2 Milliarden Euro. Die größte Wertsteigerung erreichte 2010 ein Aktienfonds. Doch muss es nicht immer riskant sein, auch der erfolgreichste (sichere) Rentenfonds legte eine zweistellige Rendite hin.

Inzwischen ist die Themenpalette nicht allein in den USA unüberschaubar geworden und reicht hierzulande von der Unterstützung ökologischer Bauernhöfe (GLS Bank) über Grünanlagen gegen den Klimawandel (Baden-Württembergische Investmentgesellschaft, eine Tochter der Landesbank) bis zum globalen Indexaktienfonds (Securvita). Übrigens, für diese und andere Sparanlagen ist »Öko« weit mehr als Solarstrom und Windenergie.

Auch die Renditen können stimmen, wenn man ein gewisses Risiko eingeht. Nachhaltig orientierte Investmentfonds erwirtschaften teilweise überdurchschnittliche Kursgewinne, haben die Ökonomen vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) herausgefunden; teilweise sogar deutlich höhere Wertsteigerungen als der »Morgan Stanley Capital Index« ausweist, einer der weltweit prominentesten Indizes, der Kurse herkömmlicher Aktien aus zwanzig Ländern erfasst.

Währungsrisiko

Doch die Tücke steckt auch hier im Detail. Viele grüne Fonds lehnen Industrien wie Rüstung, Erdöl oder Luftfahrt kategorisch ab, andere suchen sich ökologische Spitzenreiter selbst in »schmutzigen« Industrien wie Automobil oder Chemie heraus. Und auch über einzelne Kandidaten, wie beispielsweise Siemens, lässt sich trefflich streiten: Der zweitgrößte deutsche Konzern taumelte in den vergangenen Jahren durch einen Korruptions- und Schwarzgeldskandal fast ohne Beispiel, will aber anderseits zum Weltmarktführer bei der Erzeugung von Windenergie auf See aufsteigen.

Oder der französische Konzern Total: Der Erdöl-Konzern entwickelt ebenfalls saubere Treibstoffe und hat eine Vorreiterrolle, was die Gesundheit der Mitarbeiter sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz angeht – auch »sozial« ist nachhaltig.

Wirklich tabu sind für manch selbst ernannten Grünfonds selbst Atomkraft und Gentechnik nicht. Dagegen setzt ein Klassiker unter den Grün-Anlagen auf kleinere Firmen mit klarem Profil: »Green Effects« von Securvita bildet den Natur-Aktien-Index (NAX) ab, so etwas wie die Messlatte für die ganze Szene im alternativen Geldgeschäft. Das renommierte Ökoinstitut in Freiburg lobte die umfassenden sozialen und ökologischen Ausschlusskriterien. Doch letztlich muss jeder Sparer selber schauen, ob ihm die Kriterien eines Produktes zusagen.

Ein Problem bei allen internationalen Geldanlagen sind jedoch die Wechselkurse. Letztlich wollen Sie als Sparer ja später einmal in Euro Kasse machen, nicht in Yen oder Dollar. So kann zwar der Kurs einer amerikanischen Aktie steigen und doch hat der Anleger in Freiburg, Flensburg oder Frankfurt an der Oder nichts davon, weil gleichzeitig der Kurs des Dollars fällt.

Heikel: geschlossene »grüne« Fonds

Das Problem kennen Sie übrigens vielleicht aus manchem Auslandsurlaub: Tausche ich das Geld noch zu Hause um oder schon am Urlaubsort? Fällt der Wechselkurs oder steigt er? Bei Geldanlagen in ausländische Aktien oder Wertpapieren besteht dieses Risiko ebenfalls. Nicht jedoch innerhalb der Eurozone.

Heikel sind auch geschlossene »grüne« Fonds, die meist in Form einer GmbH & Co KG geführt werden. Ein Beispiel sind geschlossene Solarfonds, die in Solaranlagen investieren. Wer sich an solchen geschlossenen Fonds beteiligt, wird rechtlich Unternehmer – mit entsprechenden Risiken. Geschlossene Fonds mit und ohne Öko sind nur etwas für Fachleute.

Wer sein Gewissen nicht mit globalen Kapitalmärkten belasten möchte, kann auch mit (fast) normalen Sparprodukten sein Glück versuchen. Solche bieten die altruistische GLS Bank ebenso an wie die kommerziellere Nürnberger Umweltbank und die genossenschaftliche Ethikbank – vor Ort, per Telefon und im Internet. Dazu mehr im nächsten Teil unserer Serie.

Rat bieten Wolfgang Kessler und Antje Schneeweiß in ihrem Buch »Geld und Gewissen: Was wir gegen den Crash tun können«. Antje Schneeweiß: »Investoren und Sparer können längst bestimmen, wofür sie ihr Geld arbeiten lassen wollen und wofür nicht. Und je mehr Sparer ihr Geld nach ethischen Regeln arbeiten lassen, desto stärker werden die Spielregeln auf den Finanzmärkten durch ethische Faktoren beeinflusst.« Die 192 Seiten kosten 16,90 Euro im Buchhandel.

HERMANNUS PFEIFFER

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