- Politik
- Kommentiert
Ja und? Zuhören!
Der Bombenangriff vom 4. September 2009 war »ein schwerwiegender Vorfall«. Wenn unsere Regierungschefin so etwas sagt, sollte man genau hinhören. Das wurde am Donnerstagabend bei der Vernehmung vor dem sogenannten Kundus-Untersuchungsausschuss immer schwerer. Was weniger an der Zeugin Dr. Angela Merkel als vielmehr an der über weite Strecken ziemlich hilflosen Fragerei von Oppositionsabgeordneten lag. So packt man keine Merkel! Und so verhindert man auch nicht, dass es beim Untersuchen kaum noch um die »unschuldig verletzt und zu Tode gekommenen Menschen« geht, mit denen Merkel am 8. September 2009 Mitleid zeigte.
Damals versprach sie »lückenlose Aufklärung«, das sei »ein Gebot der Selbstverständlichkeit«. Hat sie diese Zusage eingehalten? Merkel sagt Ja. Steht alles im Com–ISAF-Bericht. Selbst wenn's stimmt, ist anzumerken, dass der Bericht von der NATO als »geheim« eingestuft ist und selbst Abgeordnete ihn nur in der Bundestag-Geheimschutzstelle einsehen können.
Ja und? Zuhören! Merkel hat am 8. September 2009 nicht versprochen, dass es eine öffentliche Aufklärung gibt. Und obwohl sie aus Respekt vor dem Parlament nicht behauptet hat, dass die Untersuchung abgeschlossen sei, ist auch von den damit befassten Parlamentariern kaum mehr Transparenz zu erwarten. Union und FDP werden in ihrem Mehrheitsbericht, der noch vor der Sommerpause fertig sein soll, schwarz-gelbe Solidarität beim Kaschieren deutscher Schuld beweisen.
Wenn es also um eine Bewertung der Tötung von vermutlich weit über 100 Unschuldigen geht, bleiben der Öffentlichkeit nur die Äußerungen des Verteidigungsministers. Der hielt die Attacke zunächst für militärisch angemessen, dann erzählte er das Gegenteil. Letzteres kann die befragte Kanzlerin »sehr gut nachvollziehen«, doch seien, so betonte sie, beide Bewertungen möglich. An dem Punkt hilft dann nicht einmal mehr genaues Zuhören.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.