Arabische Welt bleibt in Aufruhr

Ägyptisches Militär löst Parlament auf / Protest in Algier von Polizei gewaltsam unterdrückt

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48 Stunden nach seiner Machtübernahme hat der Oberste Militärrat in Ägypten die Auflösung des Parlaments und freie Wahlen angekündigt. In Algerien haben Sicherheitskräfte am Sonnabend auf Regimegegner eingeprügelt und mit massivem Polizeieinsatz Massenproteste verhindert.

Kairo/Algier (AFP/ND). Zwei Tage nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak hat das nun in Ägypten herrschende Militär die Weichen für einen politischen Neuanfang gestellt. Die Armeespitze löste am Sonntag das erst im Herbst gewählte Parlament auf und setzte die Verfassung bis zu einer Volksabstimmung über notwendige Änderungen außer Kraft. In spätestens sechs Monaten soll es Wahlen geben, durch die eine zivile Führung die Armee an der Staatsspitze ablösen soll.

Mit der Auflösung des Parlaments und den zugesagten Verfassungsänderungen erfüllte die Armee zentrale Forderungen der Demonstranten. Das von Mubaraks Nationaldemokratischer Partei dominierte Parlament galt vielen als nicht legitimiert, da die Wahl von Betrugsvorwürfen überschattet worden war. Die Geltung der Verfassung musste auch ausgesetzt werden, da sonst innerhalb von 60 Tagen nach dem Rücktritt Mubaraks Präsidentschaftswahlen nötig gewesen wären. Die Armeespitze versicherte zudem, dass Ägypten allen regionalen und internationalen Verträgen verpflichtet bleibe. Dazu gehört auch das 1979 geschlossene Friedensabkommen mit Israel. US-Präsident Barack Obama begrüßte das Festhalten an den Abkommen.

In Kairo normalisierte sich die Lage am Sonntag zusehends. Der für die tagelangen Proteste gegen die ägyptische Führung emblematisch gewordene Tahrir-Platz wurde bis auf einen Teil wieder für den Verkehr freigegeben, nachdem dort bis zum Vorabend Zehntausende Menschen den Abgang Mubaraks gefeiert hatten. Einige hundert Demonstranten harrten noch aus. Sie verlangten unter anderem, dass der Ausnahmezustand aufgehoben und festgenommene Demonstranten wieder freigelassen werden sollten.

Die Generalstaatsanwaltschaft verhängte ein Ausreiseverbot gegen den früheren Ministerpräsidenten Ahmed Nasif und Informationsminister Anas el-Fekki, zudem fror sie das Vermögen des ehemaligen Innenministers Habib el-Adli ein. Fekki trat später zurück. Mubarak selbst hält sich nach Regierungsangaben weiterhin in Ägypten auf. Er war kurz vor seiner Rücktrittserklärung in den Küstenort Scharm-el-Scheich geflogen.

Die britische Regierung will mögliche Gelder der bisherigen Präsidenten Ägyptens und Tunesiens an beide Staaten zurückgeben. Wenn Vermögenswerte in Großbritannien ausfindig gemacht werden sollten, werde das Land versuchen, die Gelder zurückzuführen, sagte der Direktor der britischen Strafverfolgungsbehörde für schwere Betrugsdelikte.

Inspiriert von den Protesten in Tunesien und Ägypten sind auch in Algerien am Sonnabend mehrere tausend Menschen gegen die Regierung von Präsident Abdelaziz Bouteflika auf die Straße gegangen. In der Hauptstadt Algier riegelten rund 30 000 Polizisten mit gepanzerten Fahrzeugen und Wasserwerfern die Strecke des geplanten Protestzuges ab, der nicht genehmigt worden war. Fodil Boumala vom Bündnis Nationale Koordinierung für den Wandel und die Demokratie, das zu den Protesten aufgerufen hatte, erklärte: »Wir haben die Mauer der Angst durchbrochen, dies ist nur der Beginn.« An den Protesten nahmen sowohl Said Sadi, der Führer des Zusammenschlusses für Kultur und Demokratie, als auch Ali Belhadj teil, der Gründer der verbotenen Islamischen Heilsfront.

Auch in Jemen gingen am Sonnabend Tausende Menschen gegen den dortigen Präsidenten Ali Abdallah Saleh auf die Straße.

Angesichts des dramatischen Ansturms Tausender aus Tunesien kommender Flüchtlinge hat Italien den humanitären Notstand ausgerufen. Innenminister Roberto Maroni klagte über fehlende Hilfe der EU und kündigte an, italienische Polizisten in das nordafrikanische Land entsenden zu wollen. In den vergangenen Tagen hatten rund 5000 Personen in Booten die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa erreicht. In der Nacht zum Sonntag waren es nach Angaben der Küstenwache erneut fast 1000 Menschen. Die Lage sei außer Kontrolle«, sagte der Bürgermeister von Lampedusa, Bernardino de Rubeis. Die Insel liegt 110 Kilometer vor der tunesischen Küste.

In Teheran wurde eine Solidaritätskundgebung mit Ägyptern verboten. Die iranische Führung erklärte, die Versammlung sei ein Trick für neuerliche Demonstrationen gegen die Regierung.

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