Berliner wollen die Verträge offen sehen

  • Martin Kröger und Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Um kurz nach 19 Uhr zeichnete sich der Erfolg ab. Rund 60 Freunde und Unterstützer des Berliner Wassertisches hatten sich zu dieser Zeit bereits im »Shake« am Ostbahnhof versammelt, um zu feiern. »Ich bin überglücklich«, kommentierte Thomas Rudek, der Sprecher des Volksentscheids. Jetzt, wo klar sei, dass der Gesetzesvorschlag des Wassertisches, die Teilprivatisierungsverträge restlos offenzulegen, in Kraft tritt, werde man dafür sorgen, dass die Berliner Wasserbetriebe (BWB) kostengünstig rekommunalisiert werden, kündigte Rudek an. Er betonte zudem, dass darunter auch die in den letzten Tagen aufgetauchten konzerninternen Papiere zählen würden.

Carl Waßmuth von der Initiative »Gemeingut in BürgerInnenhand«, die sich ebenfalls massiv für den Volksentscheid eingesetzt hatte, freute sich ebenfalls über den »grandiosen Erfolg«. Das eindeutige Ergebnis sei auch ein Schlag für die »halbherzige Rekommunalsierungspolitik« des rot-roten Senats. Waßmuth hofft jetzt, dass der erfolgreiche Volksentscheid zu den Berliner Wasserbetrieben auf ganz Deutschland ausstrahlt, weil es auch andernorts 200 Geheimprojekte in Öffentlich-Privater Partnerschaft gebe. Das Votum von über 600 000 Berlinern sei auch eine eindeutige Forderung nach Rückübertragung der Daseinsvorsorge in Bürgerhand.

Als »kalte Dusche für Wowereit und Wolf« wertete Renate Künast, die Spitzenkandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, das Ergebnis der Volksabstimmung. Nun müsse alles auf den Tisch, forderte Künast.

Gegenüber ND räumte der Landesvorsitzende der LINKEN, Klaus Lederer, seinen »Respekt« vor dem Ergebnis ein. Er gratulierte überdies den Initiatoren. »Die Berliner wollen noch mehr Transparenz«, sagte Lederer. Dies ändere aber nichts daran, dass bereits alle Verträge offen liegen. Auch eine falsche Positionierung wollte Lederer nicht erkennen. »Das Anliegen war auch immer unseres.«


Worum ging es eigentlich beim Volksentscheid?

Am gestrigen Sonntag durften die Berliner darüber abstimmen, ob alle Verträge und Absprachen zum Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe offen gelegt werden müssen. Die lange geheim gehaltenen Vereinbarungen galten als Grund für die hohen Wasserpreise in Berlin. Der Senat sagte jedoch: Es liegt schon alles auf dem Tisch. Einen Tag nach Anerkennung des Volksbegehrens hatte die Landesregierung nach Absprache mit den privaten Teilhabern RWE und Veolia im November fast 700 Seiten Verträge und Anhänge ins Internet gestellt. Es gibt allerdings noch 90 000 Seiten an Aktenvermerken der Behörden. Die Bürgerinitiative Berliner Wassertisch glaubt, dass weitere Geheimpapiere zu heben sind. Sie hätte ihr Anliegen nach dem Schritt des Senats ohnehin nicht zurückziehen können. Nachdem 280 000 Berliner das Volksbegehren unterschrieben haben, musste der Volksentscheid kommen. Nur das Abgeordnetenhaus hätte das verhindern können, wenn es den Gesetzentwurf des Volksbegehrens übernommen hätte. Davon hielt Rot-Rot aber nichts. Aus Sicht des Senats ist ein Teil des Entwurfs verfassungswidrig. Paragraf vier erklärte alle Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden für unwirksam, die nicht innerhalb eines Jahres offen gelegt werden. Vielleicht hätten am Ende doch noch Verfassungsrichter entscheiden müssen, ob der Volksentscheid zulässig war.
dpa

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