Fauler Kompromiss mit Ungarn

Brüssel nickt Vorschläge zur Änderung des Mediengesetzes ab

  • Gábor Kerényi, Budapest
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach nur einer Woche Verhandlungen zeigte sich die EU am Mittwoch zufrieden mit den von Ungarn vorgeschlagenen Änderungen seines viel kritisierten Mediengesetzes.

Vier Paragrafen des ungarischen Gesetzes sollen gestrichen oder geändert werden, und zwar innerhalb zweier Wochen in einer Art parlamentarischem »Schnellverfahren«. Viktor Orbán, Ministerpräsident und derzeitiger EU-Ratsvorsitzender, hatte noch Ende Dezember selbstbewusst erklärt, es falle ihm im Traum nicht ein, irgendetwas an dem Gesetz zu korrigieren. Und falls doch, müssten alle europäischen Staaten ihre einschlägigen Paragrafen, dem ungarischen Gesetz entsprechend, neu schreiben. Sogar diese Woche, bei der Eröffnung des neuen Parlamentsjahres, sprach Orbán noch vom erfolgreichen Kampf gegen die »ausländische Einmischung«. Nun ist von alledem keine Rede mehr.

Dessen ungeachtet versucht die Regierung, ihr Einlenken als Sieg über die Union zu verkaufen. »Wenn Sie die Modifikationen unter die Lupe nehmen, wird offensichtlich, dass diese an keiner Stelle mit den ursprünglichen Regierungsabsichten kollidieren«, sagte Zoltán Kovács, der für Kommunikation zuständige Staatssekretär.

Vier Punkte werden abgeändert. Die Forderung nach »Ausgewogenheit« wird für Videoblogs und On-Demand-Medien gestrichen und lediglich für Rundfunk- und Fernsehsender aufrechterhalten. Außerdem darf sie nur für die »Gesamtheit der Medienlandschaft« gelten, nicht aber für eine einzelne Zeitung oder einen einzelnen Sender.

Zweitens sind im Ausland ansässige Medien ab sofort von der Wirkung der ungarischen Gesetze ausgenommen. Auch ist eine Registrierung nicht mehr Bedingung für eine Medientätigkeit, die Daten der Betreiber müssen lediglich innerhalb von 60 Tagen zugänglich gemacht werden. Schließlich wurde der Paragraf der »offenen oder verdeckten Beleidigung« gestrichen, in Kraft bleibt nur das Verbot von Hetze und Ausgrenzung.

Ungarische und ausländische Kritiker des Gesetzes meinen jedoch, die EU-Kommission, genauer die zuständige Kommissarin Neelie Kroes, sei in ihren Forderungen an Ungarn nicht weit genug gegangen. Sie habe von Budapest nichts verlangt, was das Ziel des Gesetzes ändern würde. Es gibt der Regierung nach wie vor die Möglichkeit, ihr nicht genehme Medien zu schikanieren oder sie sogar einstellen zu lassen. Zentraler Kritikpunkt ist der durch die Änderung nicht angetastete Medienrat. Gerügt wird die Tatsache, dass die Repräsentanten dieser Behörde, die an sich unabhängig sein müsste, von der Regierung bestellt werden. Derzeit handelt es sich dabei ausschließlich um treue Gefolgsleute der Orbán-Partei FIDESZ, die weiterhin beliebig Strafen für angebliche Verletzungen des Mediengesetzes verfügen können – ohne Berufungsmöglichkeit. Die EU-Kommission meint jedoch, sie hätte aufgrund der vagen EU-Richtlinie, die sich auf Fragen der Unabhängigkeit derartiger Körperschaften bezieht, keine Möglichkeit gehabt, diesen Aspekt zu prüfen.

Was den Zwang zur Preisgabe von Informanten betrifft, glaubt Kroes gutmütig, es dürfte zu solchen Maßnahmen nur im Falle krimineller Handlungen kommen. Zu den zahlreichen strittigen Formulierungen meinte die Kommissarin wörtlich: »Wir können nicht darüber diskutieren, was wir uns wünschen würden, sondern nur darüber, was die Buchstaben des Gesetzes enthalten.«

Abgeordnete des Europäischen Parlaments sind indes unzufrieden. Die EU-Kommission hat die Vereinbarung mit der ungarischen Regierung nämlich ausgerechnet wenige Stunden vor der Parlamentsaussprache über das ungarische Mediengesetz am Mittwoch kundgetan. Auf die Frage, ob der Zeitpunkt dieser Ankündigung zufällig gewählt wurde, gab Kroes eine ausweichende Antwort.

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