Plagiate sind Juristensache

Zu Guttenberg hat Glück, dass er bisher nicht massiv verklagt wurde

  • Gisela Sonnenburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Plagiate sind Juristensache

Mal abgesehen davon, ob man nun befürchten muss, dass Karl-Theodor zu Guttenberg auch in anderen Bereichen des Lebens »Spezialist« für Plagiate ist – und etwa Platzpatronen für Afghanistan orderte –, könnte seine »fehlerhafte« Doktorarbeit auch juristische Folgen haben: wegen Verstoßes gegen das Urheberrecht. Demnach könnte sich ein Staatsanwalt der Sache annehmen und versuchen, eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft für den Minister zu beantragen. Er wäre damit in gewisser Weise ein Pionier. Denn das deutsche Urheberrecht sieht diese Option bei »Textklau« zwar vor, allerdings ist die juristische Praxis eine andere. So ist es üblicher, bei solchen Verstößen aufs Zivilrecht zu setzen, das zusätzlich zum Strafrecht möglich ist.

Wenn sich ein Buch als Plagiat entpuppt, wird normalerweise eine umfassende Unterlassungserklärung verlangt. Das heißt, dass der Verlag und der Autor, mitunter sogar die einzelnen Buchläden und Bibliotheken, unterschreiben müssen, dass sie hohe Geldstrafen zahlen, wenn sie das Machwerk noch weiter vertreiben. Sogar die Herausgabe und Vernichtung etwa in Archiven verbliebener Exemplare kann ein »Beklauter« verlangen.

Sollte die Unterlassungserklärung verweigert werden, sieht das Zivilrecht eine mächtige Beschleunigung vor: Mit dem Begehr einer »einstweiligen Verfügung« kann ein rechtsverletzendes Schriftstück sofort vom Markt gedrückt werden. Bei eindeutiger Beweislage würde die spätere so genannte Hauptverhandlung die Änderung der Doktorarbeit durch Säubern von Plagiatsstellen erzwingen.

Das Urhebergesetz sieht aber nicht nur die Unterlassung, sondern auch die Zahlung von Schadensersatz an die Beklauten vor. Würden nun alle Betroffenen eine entsprechende Klage oder auch eine Sammelklage einreichen, könnte das den »Bundeswehr-Minister« in neue Kalamitäten bringen. Denn dadurch würde deutlich, wie vieler Leute Rechte er verletzte.

Bislang ist von Klagen seitens der Bestohlenen allerdings nichts bekannt. Die Gründe sind verschieden. So kennen manche ihre Schadensersatzansprüche gar nicht, weil das Urheberrecht in Deutschland zwar gut und stark, aber relativ unbekannt ist. Andere mögen ein schlechtes Gewissen haben, weil sie selbst schon mal abgeschrieben haben. Ihnen tut der Minister leid, gelegentlich gar aus Parteiräson. Wieder andere scheuen den Aufwand, für eine relativ geringe Entschädigung zu streiten: Ihnen reicht als Genugtuung die Blamage des Ministers.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -