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Das bisschen Amt
Das Kanzleramt prüfte am Donnerstag noch, ob Karl-Theodor zu Guttenberg irgendwelche Regeln verletzte, als er der Universität Bayreuth seinen (privaten) Verzicht auf den Doktorgrad per hochamtlichem Briefbogen des Verteidigungsministeriums zusandte. Was gilt die Wette? Natürlich wird kein Regelverstoß zu finden sein. Längst hat die Willkür alle Regeln geschleift. Wer mit Absolution der Kanzlerin den eigenen Betrug zu einer Ehrensache umdeuten darf, der hat auch nichts zu befürchten, wenn er sein Amt für ein bisschen Privates missbraucht.
Guttenberg hat seinen Job in der Regierung noch nicht zu Ende gebracht, deshalb vor allem muss er bleiben. Das dürfte abseits aller Machtspielchen und Mauscheleien der Hauptgrund für den festen Halt des Ministers im Kabinett sein. Seine Aufgabe ist es, die Bundeswehrreform, an der schon mehrere Vorgänger mehr oder weniger offensichtlich scheiterten, unumkehrbar zu machen. Er hat sich als effektiv erwiesen, ein überstürzter Ministerwechsel würde nur zu erneuten Verzögerungen führen.
So ist der solidarische Eindruck, den Wolfgang Schäubles überraschende Lockerung der Sparfesseln für Guttenbergs Ministerium hat, wohl eher ein Nebeneffekt. Viel wahrscheinlicher ist, dass es sich hier um ein weiteres Zeichen von Guttenbergs Durchsetzungsfähigkeit handelt. Seit langem widerspricht er den Sparauflagen des regierungseigenen Finanzzuchtmeisters unter Hinweis auf die Kosten, die der Umbau der Bundeswehr hat. Nicht Sparen ist Grund der Bundeswehrreform, sondern das militärische Gewicht Deutschlands im globalen Wechselspiel der Mächte. Was zählt in diesem Maßstab schon ein bisschen Amt?
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