Mütter unter Kontrolle
Ethikrat empfiehlt weiterhin Abschaffung der Babyklappen
Babyklappen gibt es in der Bundesrepublik seit 1999, ebenso ermöglichen etliche Krankenhäuser die anonyme Geburt. Juristisch werden diese Angebote inzwischen nur geduldet, wenn die Betreiber mit den Jugendämtern zusammenarbeiten. Die erste Studie, die eine Nutzung der Babyklappen und ihre Einbindung in die Schwangerenberatung umfassend untersucht, wird vom Deutschen Jugendinstitut in diesem Jahr beendet. Die wissenschaftliche Abschlusskonferenz im Mai soll jedoch nicht öffentlich sein. Problematisch dürften die Studienergebnisse schon deshalb sein, weil Babyklappen und andere Möglichkeiten einer anonymen Kindsabgabe nicht beworben werden. Wären die Anbieter flächendeckend in der Öffentlichkeit wahrnehmbar, würden sie vielleicht stärker in Anspruch genommen als in ihrer jetzigen Existenz in einer juristischen Grauzone.
Offensichtlich bewertet der größere Teil des Ethikrates die Rechte, die durch eine anonyme Kindesabgabe verletzt werden, höher als jene, die ansonsten verletzt wären. Das Gremium bezweifelt, dass ohne die Babyklappen und ähnliche Angebote tatsächlich das Recht des Kindes auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt würde. Das sei bis jetzt nicht nachweisbar. Für wahrscheinlicher wird gehalten, dass Kinder aus der Babyklappe irgendwann den Staat darauf verklagen, ihre Identität offengelegt zu bekommen, so die Regensburger Philosophin Weyma Lübbe vom Ethikrat. Würden die bestehenden Angebote legalisiert, könnten sich die Betroffenen nur noch in Selbsthilfegruppen wiederfinden.
Interessanterweise gehören in die Gruppe der Grundrechte, die durch die jetzt noch mögliche anonyme Abgabe verletzt werden, auch die Rechte des leiblichen Vaters auf die Kenntnis seiner Nachfahren sowie auf Zugang zum Elternrecht. Würde die anonyme Abgabe legalisiert, sei möglicherweise das Grundrecht des Neugeborenen auf Leben und Unversehrtheit geschützt. Weiterhin wäre »nur noch« das Selbstbestimmungsrecht der Mütter und deren Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit geschützt. Auch hier fanden sich bei der Berliner Veranstaltung etliche Stimmen, die meinten, gute oder ausreichenden Angebote für Frauen in Schwangerschaftskonflikten seien auf den Weg gebracht – wenn nicht sogar schon vorhanden.
Aus Sicht der Praktiker sollen die Babyklappen mindestens weiter geduldet, zugleich aber mehr in anonyme Beratung sowie in frühe Hilfen investiert werden. Sie berichten, dass nur in einem Teil der Fälle die Mütter nach der Abgabe ihres Kindes dauerhaft auf Anonymität bestanden hätten. Auch wenn nicht jede Frau den Weg zu einer Babyklappe finden würde, sei es für einige immer noch ein Schutz davor, sich strafbar zu machen. In Essen zum Beispiel wurden in den vergangen elf Jahren 14 Kinder in das dortige Babyfenster gelegt. Zwei Frauen entschieden sich auch nach anonymer Telefonberatung dazu. Nur noch ein Kind wurde in diesem Zeitraum in der Stadt ausgesetzt, während es zuvor mehr waren.
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