Hunderttausende: Rücktritt jetzt!
Jemens Präsident Saleh erlebte am Freitag erneut Massenproteste
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation amnesty international in London kamen bei den Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und -anhängern in Jemen seit dem 9. Februar bis Donnerstag 27 Menschen ums Leben. Am Freitag sollen nun mindestens vier weitere Todesopfer hinzugekommen sein.
Die jemenitische Armee habe auf Demonstranten geschossen, die gegen Korruption protestierten, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija. Die schiitischen Houthi-Rebellen erklärten gegenüber dem Sender, einige Stunden später hätten bei einer Demonstration gegen Präsident Ali Abdullah Saleh an der saudi-arabischen Grenze ebenfalls jemenitische Soldaten nach Angaben von Augenzeugen zwei Demonstranten erschossen und sieben weitere verwundet. Zu der Schießerei sei es gekommen, als Soldaten versuchten, in der Stadt Amran eine aufgebrachte Menge auseinander zu treiben.
Auch im Zentrum der Hauptstadt Sanaa versammelten sich am Freitag Zehntausende von Regierungsgegnern, wie Tawakkul Abdussalam Karman von dort gegenüber ND berichtete. Die Vorsitzende des Verbandes »Journalistinnen ohne Ketten« bestätigte, daß die Proteste nun schon seit drei Wochen täglich stattfinden. »Heute riefen die Demonstranten abermals Slogans wie ›Verschwinde, Saleh, ver- schwinde!‹ Ich glaube daher, dass seine Zeit bald vorbei sein wird, wenn es so weitergeht«, meint Karman, die gesehen habe, wie einige der Demonstranten auch Steine auf die Soldaten geworden hätten. Laut der Bloggerin Atiaf al-Wazir – ND erreichte sie an der Universität Sanaa – versammelten sich dort wieder Tausende Studenten auf dem Campus vor den Toren der Universität. Auch an diesem Platz forderten Studenten den Rücktritt von Saleh. »Die Demonstration findet unter starker Militärpräsenz statt, verläuft aber friedlich«, meint Wazir, die gerade von einem Freund über Handy erfahren habe, dass im Zentrum Militäreinheiten den Ruwaischan-Platz blockiert haben, um weitere Menschenströme Richtung Zentrum und Universität aufzuhalten.
Auch in der zweitgrößten Stadt Taizz gibt es seit dem 9. Februar Proteste. »Doch niemals so große wie an diesem Freitag«, meint gegenüber ND der Arzt Abdul Kader al-Guneid, der in Taizz die Proteste beobachtet. »Es gibt Menschen, die die Straßen des Zentrums um den Al-Hurriya-(Freiheits)-Platz seit der Nacht, in der in Ägypten Präsident Husni Mubarak gestürzt wurde, nicht mehr verlassen haben.«
Laut Guneid soll der Osten der Großstadt Taizz während des Freitagsgebetes von Hunderttausenden Menschen aus den Bergregionen des Umlandes überfüllt gewesen sein. Der Stadtteil Sha'ab war noch Stunden danach von Menschenmassen bevölkert, die gegen Saleh demonstriert hatten. Sie forderten seinen Rücktritt nicht erst 2013, sondern in diesem Jahr.
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