Sturm auf Staatssicherheit
Ägypter stellen Dokumente sicher / Prozess gegen Ex-Innenminister
Kairo (AFP/ND). Unter starken Sicherheitsvorkehrungen begann am Sonnabend ein Prozess wegen des Verdachts auf Geldwäsche und Untreue gegen den ägyptischen Ex-Innenminister Habib al-Adli. Am Sonntag übernahm General Mansur al-Issawi die Führung des Innenressorts und versprach, das Vertrauen in die Sicherheitskräfte wiederaufbauen zu wollen.
Der in eine weiße Gefängnisuniform gekleidete Adli wies die ihm zur Last gelegten Vorwürfe zu Prozessbeginn in Kairo zurück. Nach einem heftigen Wortgefecht zwischen seinen Verteidigern und den Anwälten zivilgesellschaftlicher Parteien verschob Richter El Mohammadi Kunsua den Prozess auf Anfang April. Die Anwälte des Ex-Ministers hatten zuvor mehr Zeit zur Durchsicht der Dokumente gefordert.
Vor dem von Sicherheitskräften und Panzern abgesicherten Gerichtsgebäude forderten Demonstranten die Todesstrafe für den weithin verhassten Adli, dem früher die berüchtigten Sicherheitskräfte und der Staatsapparat der inneren Sicherheit unterstanden. »Das Volk fordert die Hinrichtung des Mörders«, rief eine Gruppe aufgebrachter Demonstranten mit Blick auf das Vorgehen der Sicherheitskräfte bei den Protesten gegen Mubarak, bei denen mindestens 384 Menschen getötet wurden.
Gegen Adli wird auch wegen des Vorgehens der Sicherheitskräfte bei den Protesten ermittelt. Er wurde eine Woche nach dem Umsturz mit anderen Vertretern der Führungsriege im Zuge von Korruptionsermittlungen festgenommen. Mubarak hatte Adli noch kurz vor seinem Machtverzicht abgesetzt und durch Mahmud Wagdi ersetzt. Der seit Donnerstag amtierende neue Regierungschef Essam Scharaf ernannte nun General Issawi zum neuen Innenminister. Er kam damit einer Forderung der Demokratiebewegung nach, die eine Abkehr von Mubarak-Vertrauten fordert. Neuer Außenminister wurde Nabil al-Arabi.
Gegen das alte System gibt es weiter Widerstand in der Bevölkerung. Demonstranten stürmten am Freitag und am Sonnabend in mehreren Städten Gebäude der Staatssicherheit. Sie wollten die Vernichtung von Unterlagen der Sicherheitspolizei verhindern, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll.
Rund 2500 Demonstranten stürmten am Sonnabend ein Staatssicherheitsgebäude im Kairoer Stadtteil Nasr City. Die Menschen hätten Dokumente mitgenommen, bevor sie verbrannt oder geschreddert würden, teilte ein Vertreter der Sicherheitskräfte mit. In einem Kairoer Vorort versuchten Demonstranten, ein weiteres Gebäude der Behörde für Staatssicherheit zu stürmen. Augenzeugen gaben an, sie hätten gesehen, wie Polizisten im Inneren des Hauses Dokumente verbrannten. Die Polizei habe aus dem Gebäude heraus auf die Demonstranten geschossen. Am Freitagabend waren bereits einige Demonstranten in Alexandria in das Gebäude der Staatssicherheit eingedrungen.
Für die Staatssicherheit arbeiten mindestens 100 000 Angestellte, hinzu kommt ein riesiges Netzwerk von Informanten. Eine der Hauptforderungen der Opposition ist die Auflösung der Behörde.
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