Europäischer Gerichtshof billigt religiös motivierte Kündigung einer Erzieherin
Kündigung (2)
Die Richter sahen in der Entlassung der 47-jährigen Katholikin keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit. »Die deutschen Arbeitsgerichte haben alle wesentlichen Gesichtspunkte des Falls berücksichtigt und die Interessen der Betroffenen und der Kirche sorgfältig gegeneinander abgewogen«, hieß es in der Urteilsbegründung.
Die Erzieherin war 1998 fristlos entlassen worden, weil sie Einführungskurse für die Universale Kirche/Bruderschaft der Menschheit angeboten hatte und auf Formularen als Kontaktperson genannt wurde. Die evangelische Kirche betrachtete dies als Verstoß gegen die Loyalitätsverpflichtung ihrer Mitarbeiter.
Die sektenähnliche Gemeinschaft mit esoterischen Prinzipien ist umstritten. Die Sektenberatungsstelle Nordrhein-Westfalen stuft sie als »konfliktträchtige Gruppierung« ein.
Die Frau war in Deutschland vergeblich durch alle Instanzen gezogen. Das Bundesarbeitsgericht wies ihre Klage unter Hinweis auf die vertraglich verankerte Loyalitätspflicht kirchlicher Mitarbeiter ab. Auch Beschwerden der Erzieherin vor dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht scheiterten. Die deutsche Justiz verwies auf die Arbeitsrechtsregelungen der evangelischen Kirche. Demnach ist Mitarbeitern die Mitgliedschaft in Organisationen untersagt, deren »Grundauffassung oder Tätigkeit« im Widerspruch zum Auftrag der Kirche stehen. Der EGMR billigte diese Entscheidungen.
Die Erzieherin empfand die Kündigung hingegen als Verletzung ihrer Religionsfreiheit und als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention. Ihr Anwalt forderte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einen normalen Kündigungsschutz auch für Kirchenangestellte, »besonders wenn sie im sozialen Bereich wie Kindergärten oder Altenheimen arbeiten«. Seine Mandantin habe ihre Arbeit immer bestens erfüllt und die Kinder keinesfalls missioniert. »Die Kirchen müssen in Religionsfragen toleranter werden«, sagte er.
Gegen das Urteil kann innerhalb von drei Monaten Berufung beantragt werden. Der Richterspruch bedeutet eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen, allerdings unter der Voraussetzung, Einzelfälle sorgfältig zu prüfen.
In einem ähnlichen Fall hatte der EGMR im vergangenen Jahr das Selbstverwaltungsrecht der katholischen Kirche eingeschränkt. Die Richter gaben einem Kirchenchorleiter aus Essen Recht, der gegen seine Entlassung wegen Ehebruchs geklagt hatte.
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