Fukushima verstrahlt die Region
Erneute Explosionen und Feuer im japanischen Atomkraftwerk / Anlaufstellen für Deutsche in Japan
Tokio/Paris (Agenturen/ND). Die Lage im japanischen Atomkraftwerk Fukushima spitzt sich weiter zu. Am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit) ereignete sich in Reaktor 2 eine »große Explosion«, wie AKW-Betreiber Tepco mitteilte. Unklar war, ob dabei der Schutzmantel des Reaktors beschädigt wurde. Später löste eine weitere Explosion im Reaktor 4 ein Feuer aus. Dieses konnte mit Unterstützung von US-Soldaten gelöscht werden. Die Strahlung sei beträchtlich gestiegen, sagte Regierungschef Naoto Kan.
Im Atomkraftwerk Fukushima 1 kämpfen Techniker seit der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe vom Freitag darum, eine Kernschmelze in den sechs Reaktoren zu verhindern. Angesichts der bedrohlichen Lage versucht der Betreiber Tepco, den Reaktor 4 nun mit kühlendem Wasser per Hubschrauber zu versorgen. Das Wasser solle in ein Becken des Reaktors geschüttet werden, um das nukleare Brennmaterial abzukühlen, hieß es.
Der israelische Atomexperte Uzi Even hat Japan vorgeworfen, die Gefahr einer nuklearen Katastrophe zu verschleiern. »Die Japaner verheimlichen Tatsachen über das Atomunglück und den vermutlich sehr großen Schaden«, sagte der ehemalige Abgeordnete der israelischen Zeitung »Maariv«. Even habe im israelischen Atomreaktor in Dimona gearbeitet. »Wenn es ein Fallout von Plutoniumoxid gibt – eine hochgiftige Substanz, die in dem explodierten Reaktor verwendet wird –, dann wird für Tausende von Jahren niemand mehr die Stätte betreten können.«
Die offizielle Opferzahl durch das Erdbeben stieg nach Polizeiangaben inzwischen auf 3373. Tausende Menschen gelten noch als vermisst, viele werden unter Trümmermassen vermutet. Obwohl die Chancen schwanden, vier Tage nach dem Beben der Stärke 9,0 und dem folgenden Tsunami noch Überlebende zu finden, konnten gestern zwei Menschen lebend geborgen werden – eine 70 Jahre alte Frau und ein etwa 20-jähriger Mann. Das Technische Hilfswerk (THW) stellte eine Rettungsmission indes mangels realistischer Chancen auf Überlebende ein.
Für die in Japan lebenden Deutschen und ihre Angehörigen, die wegen der Atomkatastrophe in den Süden des Landes flüchten, werden besondere Anlaufstellen eingerichtet. Wie die deutsche Botschaft in Tokio am Dienstag auf ihrer Webseite mitteilte, werden an den Bahnhöfen in der japanischen Hauptstadt sowie in Osaka-Kobe und am dortigen Flughafen eigene Konsularteams zur Betreuung stationiert.
Die japanische Regierung warnte die Bevölkerung vor Hamsterkäufen. Damit könne die Versorgung in den Katastrophengebieten erschwert werden. In Supermärkten fehlte es bereits an Wasser und Nahrungsmitteln. Obwohl mehr als eine halbe Million Menschen in Notunterkünften versorgt werden muss, gab es bislang keine Anzeichen von Panik. Stattdessen zeigten die Katastrophenopfer stoische Ruhe und Solidarität. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bot Japan Hilfe an, sollte diese angefordert werden.
Unterdessen hat die G-8-Gruppe der führenden Industrienationen und Russlands bei ihrem Treffen in Paris Japan Unterstützung beim Wiederaufbau nach der Atomkatastrophe zugesagt. Frankreich, das derzeit den Vorsitz in der G8 führt, soll Vorschläge ausarbeiten, wie die Folgen für die Weltwirtschaft in Grenzen gehalten werden können.
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