Tansania: Biospritprojekt geplatzt
Fehlkalkulation eines niederländischen Unternehmens / Bauern ohne Land
2006 hatte das niederländische Unternehmen Bioshape die Absicht erklärt, 80 000 Hektar Land im Süden Tansanias für den Anbau von Jatropha zu pachten. Das Öl der Pflanzen sollte in den Niederlanden und in Belgien weiterverarbeitet werden. Das Unternehmen steckte 25 Millionen Euro in eine neue Anlage in der belgischen Stadt Lommel, die jährlich 45 000 Tonnen Pflanzenöl und 25 Megawattstunden Strom – genug für 50 000 Haushalte – erzeugen sollte. Unterstützt wurde das Projekt von Großinvestoren wie der niederländischen Handelsbank Kempen & Co und dem Energieversorger Eneco.
Die tansanischen Behörden hätten Bioshape dabei geholfen, unter Umgehung geltender Gesetze an das benötigte Land zu kommen, sagte Stanislaus Nyembea von der Organisation Lawyer Environmental Action Network. Nach tansanischem Recht kann nur die Zentralregierung Grundstücke, die größer als 200 Hektar sind, direkt an ausländische Investoren verpachten. Das fragliche Land in dem Distrikt Kilwa wurde also erst von den Bauern formell der Regierung überschrieben, bevor das staatliche Tansanische Investmentzentrum (TIC) das Geschäft mit Bioshape bewilligte. Wie Nyembea kritisierte, wurden die betroffenen Bauern nicht ausreichend über die Folgen aufgeklärt. »Sie wussten nicht, dass sie ihre Landtitel definitiv verlieren würden. Stattdessen waren sie naiverweise davon ausgegangen, dass sie die Grundstücke nach Ablauf der Pachtzeit zurückerhalten würden.« Zudem seien nur 40 Prozent der von Bioshape geleisteten Entschädigungen tatsächlich bei den Farmern angekommen. Laut Nyembea strich eine an dem Landtransfer beteiligte Behörde auf Distriktebene widerrechtlich den Rest des Geldes ein.
Allzu transparent verlief auch die Außendarstellung des Projekts durch die Firma nicht. So las die ehemalige Bioshape-Managerin Annick Miya-Verstraelen im November 2008 auf der Website des Unternehmens, dass 350 Hektar Testgebiet mit Jatropha bepflanzt seien. Sie wusste jedoch, dass es zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal 100 Hektar waren. Miya-Verstraelen vermutete, dass das Unternehmen mit der Fehlinformation verhindern wollte, dass Aktionäre absprangen. Die Fehlkalkulationen hatten für die Firma gravierende Folgen. Im Februar 2010 musste sie alle Feldversuche stoppen und konnten ihren Beschäftigten keine Gehälter mehr zahlen. Daraufhin zog sich der Hauptinvestor Eneco aus dem Projekt zurück.
Fünf Jahre nach dem Start des Bioshape-Projekts zeigt sich eine verheerende Bilanz. Um das Versuchsgelände in Kilwa kümmert sich inzwischen niemand mehr. Für die Bäume, die für die Plantage gefällt worden waren, kommt kein Ersatz. Das Nachsehen haben vor allem die lokalen Dorfbewohner, die weder die versprochenen Jobs noch eine angemessene Entschädigung für ihr Land erhalten haben.
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