London erwartet Hunderttausende

Großdemonstration gegen Sparpaket der britischen Regierung

  • Christian Bunke, Manchester
  • Lesedauer: 2 Min.
Am heutigen Sonnabend werden sich hunderttausende Briten auf den Weg nach London machen, mit Sonderzügen und -bussen oder privat anreisen. Feuerwehrleute, Lokführer, Transportarbeiter, Bibliothekare, Pflegekräfte, Lehrer, Angestellte staatlicher Behörden werden dem Aufruf des britischen Gewerkschaftsbundes TUC zu einer Großdemonstration in London gegen das Sparpaket der britischen Regierung folgen.

Allein in den Kommunen hat dieses Sparpaket schon jetzt über 150 000 Stellen in ganz Großbritannien gekostet. Universitäten erhöhen die Studiengebühren auf bis zu 9000 Pfund pro Jahr. Dies erklärte am Donnerstag die University of Manchester. Büchereien, Gemeindezentren, Schwimmbäder werden geschlossen. In Manchester drohten wütende Einwohner die Besetzung von Schwimmbädern an, um deren Schließung zu verhindern.

All dies hinterlässt Spuren an der britischen Wirtschaft. So wird das Wachstum 2011 von 2,1 Prozent auf 1,7 Punkte sinken. Das Realeinkommen britischer Haushalte ist laut einem Bericht des Institute for Fiscal Studies von 2008 bis 2011 um 1,6 Prozent gesunken. Doch die Regierung zerstört die Kaufkraft der Bevölkerung noch weiter. Am Mittwoch veröffentlichte Finanzminister George Osborne den neuen Haushalt der britischen Regierung. Dieser sieht eine zweiprozentige Kürzung der Unternehmenssteuer vor. Damit gehen dem britischen Staat für die nächsten vier Jahre Einnahmen im Wert von 11,2 Milliarden Pfund verloren. Die britischen Gewerkschaften fürchten deshalb weitere Kürzungen.

Im Laufe der vergangenen Woche führte die Lehrendengewerkschaft UCU nacheinander Streiks an Universitäten in Wales, Schottland, Nordirland und England durch. Am Donnerstag erreichte die Streikwelle ihren Höhepunkt. 500 Colleges und Universitäten in ganz Großbritannien wurden bestreikt. Der Anlass waren sowohl geplante Lohnkürzungen als auch Angriffe auf die Renten der Lehrenden. So sollen Berufsanfänger mehr in die Rententöpfe einzahlen, dafür am Ende ihrer Karriere aber weniger bekommen. Auch dies ist letztlich eine verzögerte Lohnkürzung. Deshalb hielt die UCU am Donnerstag in ganz Großbritannien regionale Kundgebungen ab, unter anderem in Leeds, Liverpool, Cardiff, Manchester, Glasgow und Birmingham. In Manchester kam es zu unschönen Szenen, als ein privater Sicherheitsdienst Streikposten mit Gewalt von dem Gelände der Manchester Metropolitan University entfernte.

Bereits am Mittwoch rief der Generalsekretär der Gewerkschaft für Staatsangestellte PCS, Mark Servotka, dazu auf, die Demonstration am 26. März als Startpunkt für eine massive Kampagne gegen Kürzungen zu nehmen. Nötig seien aber auf jeden Fall koordinierte und aufeinander abgestimmte Streiks aller Gewerkschaften, um dem Programm der Regierung Einhalt gebieten zu können. Sicher ist bereits jetzt: Die Demonstration am Samstag wird die größte Gewerkschaftsdemonstration Großbritanniens seit über 20 Jahren.

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