Tunnelgegner fordern Mitbestimmung
Der Protest gegen Milliardenprojekt Fehmarnbelt-Querung bleibt regional
Auf einer Veranstaltung der Grünen in Burg auf Fehmarn kam immer wieder die Ohnmacht zur Sprache, sich gegen die gewaltigen finanziellen Mittel und Hochglanzbroschüren der Projektgesellschaft Femern A/S nicht adäquat wehren zu können. Der Widerstand gegen den anvisierten Tunnelbau zwischen Puttgarden und Rodby ist zwar größer geworden, bleibt jedoch regional begrenzt.
Der grüne EU-Abgeordnete und Verkehrsexperte Michael Cramer kann zig Beispiele aufzählen, wo kein Geld für sinnvolle Investitionen vorhanden ist, etwa beim Bahnhof in Augsburg, der noch immer nicht behindertengerecht ausgebaut sei. Gleichzeitig soll für die feste deutsch-dänische Querung, immerhin das wohl größte europäische Bauvorhaben, die Förderskala nach oben offen sein. »Was hier in Schleswig-Holstein realisiert werden soll, geht also tatsächlich alle an«, so Cramer. Für ihn steht fest, dass prognostizierte Verkehrsströme und Gütertransporte von Schweden bis in den Mittelmeerraum sich viel stärker auf die vorhandene Route Gedser – Rostock – Verona konzentrieren als auf den Weg über Fehmarn. Mit dieser Auffassung steht er nicht allein. Die IHK Berlin lehnt die feste Fehmarnbeltquerung ebenso ab wie die Parteien in Mecklenburg-Vorpommern. Der dortige SPD-Verkehrsminister Volker Schlotmann weilt gerade in Italien und Slowenien, um für den Ostsee-Adria-Verkehrskorridor zu werben.
Cramer bezieht sich auch auf das von EU-Kommissar Siim Kallas vorgestellte »Weißbuch Verkehr« mit dem Ziel einer Reduzierung von Schadstoffemissionen. Die Vorschläge gingen in die richtige Richtung, doch seiner Ansicht nach muss vehementer und schneller Verkehr von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser verlagert werden. Eine feste Fehmarnbeltquerung würde genau dies konterkarieren, weil sie die funktionierende Fährverbindung des Betreibers Scandlines von Puttgarden nach Rodby schwäche. Hier würden unnötig 1000 Arbeitsplätze von Beschäftigten und Zulieferern gefährdet, wie Scandlines-Verkaufs- und Marketingleiter Frank-Michael Havemann kritisiert. Die Fährpassage dauert 45 Minuten und fährt im 30-Minuten-Takt. Sie ermöglicht Fernfahrern die vorgeschriebenen Lenkpausen.
Dass Femern A/S und die verantwortlichen Politiker in Dänemark einen Tunnel favorisieren und von Brückenplänen Abstand genommen haben, spiele der Fährreederei allerdings in die Hände, sagt Havemann. Er verweist auf Studien, die von einer erheblichen Nutzerzahl ausgehen, die eine Tunnelphobie haben. Ferner seien die Katastrophenpläne für den Tunnel noch unausgegoren, während die Reederei über eine reibungslos verkehrende Spezial-Gefahrgutfähre verfüge. Für Havemann steht fest: »Wir nehmen den Wettbewerb an und fahren weiter – auch gegen die Tunnelkonkurrenz«; eine Aussage, die die dänischen Verantwortlichen angesichts womöglich geringerer Nutzerzahlen eines Tunnels ins Grübeln bringen könnte.
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