Boeing 737 jetzt auch als »Cabrio«
Kabinenrisse am Himmel über Arizona – Reparaturprogramm statt Wohlfühloffensive
Routine am vergangenen Freitag: Southwest-Airlines-Flug 812 von Phoenix (US-Bundesstaat Arizona) nach Sacramento (Kalifornien) hob ab, erreichte die Reiseflughöhe von 11 000 Metern. Dann gab es einen Knall, ein Stück von der Rumpfoberseite – ein mal zwei Meter groß – wurde weggerissen, die Sonne erhellte die Kabine, der Kabinendruck sank, Sauerstoffmasken fielen herunter, berichteten Passagiere nach der Notlandung auf der Air-Force-Base Yuma.
Die 118 Menschen an Bord waren mit dem Schrecken davongekommen. Die erste Vermutung – ein Anschlag! Doch dann erklärte die US-Bundespolizei FBI lapidar: »Alles deutet darauf hin, dass es sich um ein mechanisches Problem handelt.«
»Der Vorfall vom Freitag war sehr ernst«, sagte US-Verkehrsminister Ray LaHood. Auch, weil der Kabinenriss nicht der erste derartige Vorfall bei Southwest war. Bereits im Juli 2009 hatte ein etwa 30 Zentimeter langer Riss im Rumpf eine Maschine zur Notlandung gezwungen. Die Gesellschaft betreibt nach Angaben der US-Luftfahrtbehörde FAA die größte Flotte an älteren Boeing 737. Der zweimotorige »Arizona-Pechvogel« mit dem Kenner N632SW hatte seinen Erstflug vor 14 Jahren und zehn Monaten. Die FAA ordnete vorsichtshalber die Untersuchung aller vergleichbaren Maschinen der B-737-300-Baureihe an. Rund 80 stehen in den USA auf der Prüfliste, doppelt so viele fliegen im Ausland.
Die 737 fliegt seit den 1960er Jahren und ist mit gut 6600 ausgelieferten Maschinen der meist verkaufte Flugzeugtyp der Welt. Boeing hat das Modell immer wieder technisch und wirtschaftlich auf den neuesten Stand gebracht. Eigentlich wollte man sich in den kommenden Monaten um das innere »Aufhübschen« des beliebten und insgesamt sicheren Mittelstreckenjets kümmern. Mit Hilfe von Psychologen entwickelten Ingenieure ein Kabinenkonzept namens »Sky Interior«. Das Flugzeug selbst soll die Passagiere »willkommen heißen«. Fließende Formen, ein innovativ-variables LED-Beleuchtungssystem, größere Fenster, neue Gepäckfächer sind vorgesehen. Eine »Cabrio-Variante« strebt man allerdings nicht an.
Auch langfristig hat Boeing vor, die 737 als Basismodell zu pflegen. Bis 2020 soll ein Nachfolgemuster verfügbar sein. Der neue Jet soll bis zu 20 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen, bis zu 30 Prozent niedrigere Wartungskosten haben und auch bei den Betriebskosten im zweistelligen Prozentbereich unter seinem Vorgänger liegen. Die entscheidende Frage jedoch ist, ob die erforderlichen Technologien rechtzeitig verfügbar sind, merkt die in Berlin erscheinende »Fliegerrevue« an. Bis zur Jahresmitte soll eine Entscheidung fallen, bis dahin hält man sich die Option neuer Triebwerke für die 737 offen.
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