Gysi lehnt Debatte über Führung ab
Ramelow: Fraktion darf Partei nicht dominieren
Berlin (dpa/ND). Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi hat sich am Dienstag klar gegen personelle Konsequenzen nach den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgesprochen. »Eine Personaldebatte ist bei uns völlig schädlich«, sagte er vor einer Fraktionssitzung in Berlin, angesprochen auf einen Führungswechsel wie in der FDP. »Auf jeden Fall sind wir nicht in der Position der FDP.« Deren Vorsitzender, Guido Westerwelle, hat seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt. Die Fraktion wollte sich dem Vernehmen nach am Nachmittag in einer geschlossenen Sitzung unter anderem auch mit den Folgen der Landtagswahlen beschäftigen. Auch die LINKE hatte eine schmerzliche Niederlage hinnehmen müssen und in beiden Fällen ihr Ziel verfehlt, in den Landtag einzuziehen. Sie scheiterte klar an der Fünfprozenthürde.
In einem Rundfunkinterview hatte am gleichen Tag der Fraktionschef der LINKEN im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, Personaldebatten in seiner Partei abgelehnt und die Vorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst gegen Kritik verteidigt. Zugleich hatte er der Bundestagsfraktion vorgeworfen, die Parteiführung zu dominieren. Es wäre ihm lieb, wenn diese »begreifen würde, dass sie ein Teil unserer Partei ist und nicht unsere oberste Kontrollbehörde«.
In einer Erklärung nahm auch die Sozialistische LINKE in der Partei insbesondere Klaus Ernst gegen parteiinterne Kritiker in Schutz. Diese werden vor allem in den ostdeutschen Landesverbänden ausgemacht. So ist von »unnachgiebigen Machtansprüchen einiger Landesfürsten« die Rede. »Insbesondere die Fütterung der Medien mit verzerrten und unwahren Vorwürfen gegen Klaus Ernst« hätten diesen gehindert, »seine Kernkompetenz – Glaubwürdigkeit und Verankerung bei den Arbeitnehmer/innen – auszuspielen.
Für die »Stagnation der LINKEN« machen die Vertreter der Strömung in der LINKEN sowohl kurz- als auch mittelfristige Gründe aus. Angemahnt wird daher »schnellstens eine ausführliche politische Analyse des Parteivorstands, die auf die Diskussionen in der Mitgliedschaft eingeht. Der Brief der Parteivorsitzenden ist hierzu nicht ausreichend.« In dem Brief hatten Lötzsch und Ernst auf eine »Ausnahmesituation« durch die Atomkatastrophe in Fukushima als Grund für das Ergebnis der LINKEN hingewiesen.
Die Schlussfolgerung dürfe nicht lauten, »unsere Unterschiede zu SPD und Grünen zu verwischen, sondern im Gegenteil unseren politischen Kern – soziale Gerechtigkeit und Frieden – wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Der Erfolg der GRÜNEN zeigt ein erkennbares politisches Profil wird langfristig belohnt.« Die LINKE brauche daher Geduld, Ausdauer und ein konzentriertes Profil statt Beliebigkeit.
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