Geheimtipp für Brau- und Brautleute
Ein Stück entlang der Bier- und Burgenstraße durch Oberfranken
Unter den großen touristischen Themenstraßen in Deutschland ist sie nur ein Nebenweg – die Bier- und Burgenstraße, die von Passau in Bayern durch Oberfranken bis zum Kyffhäuser in Thüringen verläuft. Gut 500 Kilometer immer entlang der B 85. Und doch ist diese Straße ein Kleinod, auf der man viel entdecken kann. Besonders im Oberfränkischen, wo sie erfunden wurde.
Willkommen in der Genussregion Oberfranken im Land der Brauereien – in keinem Teil Deutschlands arbeiten noch mehr Brauereien als in dieser hügeligen Mittelgebirgsregion. 202 sind es genau. »Auf gut 5500 Einwohner kommt hier eine Braustätte, in Oberbayern müssen sich 80 000 Leute eine Brauerei teilen«, frotzelt Erhard Hildner stolz.
Wir starten unsere Stippvisiten auf der Bier- und Burgenstraße im kleinen Flecken Altdrossenfeld am Roten Main. Im Brauerei-Gasthof Schnupp setzt der junge Hausherr Stefan – ein gelernter Koch – alles auf die Karte »Bier und Tourismus«. Die alten Pensionszimmer wurden stilgerecht renoviert, im Bad wäscht sich der Gast die Haare mit Biershampoo, und von der gutbürgerlichen Speisekarte wird man noch für unter zehn Euro satt. Leckere Gerstensäfte wie das Altfränkisch Dunkel werden hier seit 1726 oder länger gebraut. Stefan Schnupp will diese Tradition bewahren, auch in schwierigen Bierzeiten.
Bayreuth und Deutschlands heimliche Bierhauptstadt Kulmbach liegen um die Ecke. Hier kommt man kaum um einen Besuch im bayerischen Brauereimuseum herum. In Marienweiher lohnt ein Schluck im Klosterbräu, bevor es zur Besichtigung in die Wallfahrtskirche geht, die von polnischen Franziskanermönchen geleitet wird. In Weißenbrunn braut Gampertbräu ein süffiges Bier, von dem auch Heinz Krause, ein gebürtiger Westfale aus Dortmund, überzeugt ist. Im kleinen Brauer- und Büttnermuseum kann man ein Biermeister-Diplom machen und auf Brauseminaren sein eigenes Bier zusammenrühren.
Wer nach so viel Bier genug vom Gerstensaft hat, kann sich ja ein paar Burgen anschauen – wie die in Kulmbach (Plassenburg, u. a. mit Zinnfigurenmuseum) oder die in Kronach oder in Guttenberg, in der der Herr Ex-Minister (der mit der verhinderten Doktorarbeit) zuhause ist – und wo Besichtigungen jetzt so gar nicht erwünscht sind.
Oder man fährt nach Wirsberg, dem Hochzeitsdorf. Hier können sich Brautleute zu jeder Tages- und Nachtzeit das Ja-Wort geben, 365 Tage im Jahr. Ob am Heiligen Abend oder mitten in der Nacht – über 2000 Paare aus ganz Deutschland haben sich das in Wirsberg
schon getraut. Das Geschäft mit der Hochzeit soll jetzt noch ausgebaut werden – eröffnet wird demnächst das »Erste Deutsche Hochzeitsmuseum«. Gesucht werden dafür noch Sammelstücke rund ums Heiraten. Infos dazu findet man unter www.wirsberg.de
In Hof, am fränkischen Rand zu Thüringen, übernehmen zwei junge Frauen in der letzten Familienbrauerei der Stadt das Brauzepter – die Meinel-Sisters Monika (20) und Gisela (22). Monika ist bereits Braumeisterin, die jüngste ihrer Zunft in ganz Deutschland. Wenn sie nicht am heimischen Braukessel steht, ist sie schon mal im Fernwehpark zu finden. In diesem etwas anderen Schilderwald sind Orts- und Städteschilder aus aller Herren Länder ausgestellt, leider an einem wenig einladenden Standort. Witzig ist die Idee trotzdem – kuriose Namen wie »Lederhose« oder »Ostereistedt« findet man nicht jeden Tag.
Fazit zum Tour-Check: Die Ausschilderung der Bier- und Burgenstraße entlang der B 85 ist gut, die besuchten Brauereien bieten alle touristische Programme nebst Probeschluck. Bei den Hotels muss man leider immer wieder Abstriche machen. Preislich ist Oberfranken eine günstige Ferienecke.
Infos: Frankenwald Tourismus in 96317 Kronach, Tel.: (01805) 366-398, www.bierundburgenstrasse.de, www.bierundburgenstrasse.de
Buchtipp: »Frankens Brauereien und Bierkultur« auf fast 700 Seiten – ein starkes Stück Buch, das von sich behauptet, komplett zu sein, ISBN: 978-3-936897-80-7, 19.90 €
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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