»Demokratie« ohne Sicherheit

In Irak herrscht weiterhin Angst vor unberechenbarer Gewalt

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor acht Jahren wurde die Statue Saddam Husseins medienwirksam abgerissen. Trotz der bis heute instabilen Sicherheitslage meinen US-Politiker, dass sich Irak nun zu einer vorbildlichen Demokratie entwickelt habe.

Der »außerordentliche Entwicklungsprozess, den Irak vorweisen kann«, sei »ein Beispiel für Demokratie im Mittleren Osten«, sagte US-Verteidigungsminister Robert Gates am Donnerstag bei einem Zwischenstopp in Bagdad während seiner Abschiedstour durch die Region. Wenn er sich die »Turbulenzen« in den anderen arabischen Ländern ansehe, komme er zu dem Schluss, dass »eine Menge dieser Leute froh wären, wenn sie den Punkt erreichen könnten, an dem Irak heute steht«. Die Lage sei zwar »nicht perfekt«, räumte Gates ein. »Aber es gibt eine neue Demokratie und die Leute haben Rechte.« Allerdings werde diese Demokratie bedroht, warnte Gates in der Ansprache vor US-Soldaten in Camp Liberty westlich von Bagdad. Das »Nachbarland Iran und extremistische Gruppen könnten die Aufstände ausnutzen, die über die Region hinwegfegen«.

Vor genau acht Jahren, am 9. April 2003, wurde die Statue des früheren irakischen Premiers Saddam Hussein auf dem Firdos-Platz im Zentrum von Bagdad vom Sockel gezogen. US-Soldaten hatten der Statue ein Seil um den Hals gelegt, die US-Fahne, die ein Soldat über den Kopf gestülpt hatte, wurde rasch durch eine irakische Fahne ersetzt. US-Marines zogen mit ihrem Fahrzeug an dem Seil, bis die Statue langsam kippte. Die Szene spielte sich vor Dutzenden Kameras internationaler Medien ab.

Acht Jahre nach der US-Invasion sind offiziell noch 50 000 US-Soldaten in Irak stationiert, an ihrer Seite sind rund 100 000 Angestellte privater Sicherheitsfirmen, die das US-Militär mit Sicherungsaufgaben betraut hat. Zu Boden, zu Luft und zu See, am persisch-arabischen Golf, begleiten sie irakische und ausländische Politiker und Geschäftsleute, bewachen Ministerien, Botschaften, Flughäfen, Häfen und Ölförderanlagen und verdienen sich dabei eine Goldene Nase. Sie werden bleiben, wenn Ende 2011 die letzten US-Soldaten abgezogen werden sollen. Denn Sicherheit gibt es in der irakischen »Demokratie« von heute nicht.

Um sich unter anderem vor unberechenbarer Gewalt und Entführungen zu schützen, haben sich in Bagdad einzelne Stadtteile mit Mauern und Zäunen voneinander abgeschottet. Es gibt nur einen Eingang, durch den jeder wie durch ein Nadelöhr hindurch geschleust wird. Iraker werden von Sicherheitskräften untersucht, Fahrzeuge mit Spiegeln und Detektoren nach Bomben abgesucht. Nur wer seinen Wohnsitz oder Familienangehörige in dem Viertel nachweisen kann, darf passieren.

In Irak fehlt es zudem an sauberem Wasser und gesunden, bezahlbaren Nahrungsmitteln. 23 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze von etwa 1,53 Euro am Tag. Es fehlt an Strom, was unter anderem die Arbeit in Krankenhäusern teuer und schwierig macht. Gesundheit ist Luxus, allein die Krebserkrankungen haben sich erschreckend erhöht. In Falludscha weisen heute 25 Prozent der Neugeborenen Abnormalitäten auf, was Ärzte auf den Einsatz von Waffen mit abgereichertem Uran (DU) bei der Belagerung 2004 zurückführen.

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