Das Geheimnis der Ostpro
Viele Spezialitäten aus Sachsen oder Mecklenburg haben sich auch bundesweit durchgesetzt
Berlin. Ob Rotkäppchensekt, Radeberger Pils oder Kathis Kuchenmehl – die Ostprodukte sind schon lange keine verstaubten DDR-Exoten mehr. Viele Spezialitäten aus Sachsen, Thüringen oder Mecklenburg haben sich auch bundesweit bei den Verbrauchern durchgesetzt. Einen Beitrag dazu leistete die Verkaufsmesse Ostpro, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum feiert. Veranstalterin Ramona Oteiza spricht von einer Erfolgsgeschichte: »Vielen ostdeutschen Herstellern ist nicht zuletzt auch durch eine Messepräsenz bei uns die Listung ihrer Produkte in den großen Supermärkten gelungen.«
Ursprünglich als kleine Ordermesse war die Ostpro im Juli 1991 in Berlin gestartet. Kurz nach der Wende wollte man den Produzenten aus den neuen Ländern eine eigene Verkaufsplattform schaffen – außerhalb so großer Veranstaltungen wie der Grünen Woche. Gerade mal 65 Aussteller präsentierten damals in der Werner-Seelenbinder-Halle Spezialitäten wie Halberstädter Würstchen und Altenburger Liköre. Von Lastwagen aus wurden Toilettenpapier und andere Restposten aus DDR-Betrieben verkauft. Vor Messebeginn bildeten sich lange Schlangen. »Der Erfolg hat uns überrascht, wir wurden regelrecht überrannt«, berichtet Oteiza. Viele freuten sich, einst bekannte Ostmarken auf der Messe wiederzufinden.
Heute lockt die Ostpro zwischen 10 000 und 30 000 Besucher an. »Das hängt vom jeweiligen Standort ab«, sagt Oteiza. Nach Berlin kommen immer mehr, nach Erfurt, Oranienburg oder Frankfurt (Oder) eher weniger. In diesem Jahr stehen sieben Verkaufsveranstaltungen auf dem Kalender.
15. bis 17. April in Berlin
Anfang März gab es die erste Ostpro 2011 in Potsdam. Im April ist eine Oster-Ostpro in Berlin vorgesehen. Weitere Messen sind in Oranienburg, Potsdam und Erfurt angesetzt. Im November stehen Weihnachtsmessen in Frankfurt (Oder) und Berlin auf dem Programm. Auch in Hannover wurde schon mal eine Ostpro veranstaltet. Über neue westdeutsche Messestandorte werde nachgedacht.
Gut ein Drittel der Aussteller kommt mittlerweile aus Sachsen. »Die Sachsen sind unser Zugpferd«, betont Oteiza. Das sei auch darauf zurückzuführen, dass insbesondere sächsische Spezialitäten wie Bautzner Senf, Dresdner Christstollen oder Russisch Brot einen so hohen Bekanntheitswert haben – auch bundesweit.
Auf der nächsten Ostpro in Berlin vom 15. bis 17. April werden aus Sachsen auch Teespezialitäten, Gewürze, Bekleidung, Polstermöbel und Osterartikel aus dem Erzgebirge angeboten. Manche Besucher kämmen extra nur wegen der »sächsischen Rennsemmeln«, den Sport- und Freizeitschuhen aus Leipzig, berichtet Oteiza.
Messebesucher schätzen das Ostpro-Angebot aber nicht nur aus Ostalgiegründen. Vor allem freuen sie sich, dort Waren zu finden, die es sonst im Supermarkt nicht zu kaufen gibt. Viele ostdeutsche Hersteller sind zwar mittlerweile von den großen Einzelhändlern gelistet, aber meist nicht mit ihrem gesamten Sortiment. Zunehmend beliebt sind die Verkaufsveranstaltungen auch bei Jüngeren. »Das wird von Generation zu Generation weitergereicht«, berichtet Oteiza.
Trend zur Regionalität
»Die Ostpros haben manchem Ostprodukt dazu verholfen zum Topseller bundesweit zu werden«, bestätigt man beim Handelsverband Deutschland HDE. Florena, Spee oder Radeberger Pils hätten von dort ihren Siegeszug angetreten. Ostalgie spiele dabei immer weniger eine Rolle. »Die Waren aus den ostdeutschen Ländern profitieren auch vom Trend zu mehr Regionalität«, betont HDE-Sprecher Kai Falk.
Der Marktanteil der ostdeutschen Erzeugnisse sei aber schwer zu ermitteln. Auf Erinnerungen an die DDR setzen hingegen weiterhin zahlreiche Internetanbieter wie der Ossiladen aus Leipzig oder der Ostprodukte-Shop aus Tangermünde in Sachsen-Anhalt. Die Nachfrage nach Halloren-Pralinen, Pittiplatsch-Figuren oder Rügenfischkonserven sei ungebrochen, heißt es dort.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.