Schreckschuss für Obama
Washington hofft, dass die Bonitätswarnung heilsamer Schock war
Dieser Schlag sitzt. Die Ankündigung der Ratingagentur Standard & Poor’s, die AAA-Einstufung der USA sei langfristig wegen der hohen Staatsschulden und dem Dissens über den Schuldenabbau zwischen den Parteien in Washington gefährdet, hat heftige Reaktionen ausgelöst. Auf Präsident Barack Obama und dem US-Kongress lastet jetzt noch mehr Druck, endlich etwas zur Verbesserung der Finanzlage des Staates auf den Weg zu bringen.
Am Montag hatte die New Yorker Ratingagentur ihren Ausblick für die USA verändert, wenn auch das AAA-Rating erhalten blieb. Allerdings sei eine Herabstufung in der Zukunft wahrscheinlich, hieß es bei S&P, weil Washington nichts Konkretes unternehme, um das Jahresdefizit von rund 1,5 Billionen Dollar zu verringern. Die Kredit-Analysten der Agentur schätzten die Chance, dass die Einstufung der USA in den nächsten beiden Jahren gesenkt werde, auf eins zu drei. Sie zeigten wenig Vertrauen, dass die USA ihre Schulden- und Ausgabenpolitik bis 2013 ändern könnten, das Jahr nach der Präsidentenwahl im Herbst 2012. Washington habe bisher zu wenig getan, um das Problem in den Griff zu bekommen, schrieben sie. »Mehr als zwei Jahre nach dem Beginn der jüngsten Krise haben die Politiker sich noch immer nicht darauf geeinigt, wie der aktuellen Finanzlage oder dem langfristigen finanziellen Druck begegnet werden kann«, sagte die S&P-Analystin Nikola Swann.
Die Zinsen für US-amerikanische Staatsanleihen schossen nach der Mitteilung von S&P kurzfristig in die Höhe und ließen eine Entwicklung befürchten, bei der die Kosten für die Schuldenaufnahme der USA so stark steigen, dass die Politik drakonische Sparmaßnahmen einführen muss wie in den europäischen Krisenländern Griechenland, Irland und Portugal.
Die Vereinigten Staaten schulden privaten und institutionellen Anlegern derzeit neun Billionen Dollar. Die leichteste Zinsanhebung kostet die US-amerikanischen Steuerzahler also viele Milliarden. Eine Verteuerung der Staatsanleihen würde auch die US-Wirtschaft so hart treffen wie höhere Zinsen auf Hypotheken oder Konsumentenkredite. Noch am Montagabend allerdings fielen die US-Schatzbriefe auf ihr normales Niveau zurück.
Manche politische Beobachter sprechen allerdings von einem heilsamen Schock für die Politik. Obama und die Republikaner mit ihrer Mehrheit im US-Abgeordnetenhaus stünden jetzt unter größerem Druck, einen Kompromiss beim heftig diskutierten Ausgabenkürzungspaket zu finden.
Präsident Obama ist in dieser Woche auf einer dreitägigen Tour durch die USA, um in öffentlichen Auftritten für seinen Plan zur Defizitreduzierung zu werben. Obama schlägt höhere Steuern für Gutverdienende und Reiche vor sowie Ausgabenstreichungen, auch beim Militär, um innerhalb des nächsten Jahrzehnts vier Billionen Dollar einzusparen.
»Wir müssen sicherstellen, dass wir innerhalb unserer Verhältnisse leben, sowohl mittel- als auch langfristig«, sagte der US-Präsident in einem Rundfunkinterview in Raleigh, North Carolina. »Wir können das machen, wenn wir zwei Billionen an Ausgaben einsparen und eine Billion an Steuern einnehmen, hauptsächlich von Leuten wie mir, die es sich leisten können, ein wenig mehr zu zahlen. Und, indem wir Schlupflöcher schließen, um das Steuersystem gerechter zu machen.
Auch die Republikaner haben Streichungen von vier Billionen in zehn Jahren vorgeschlagen, sind aber gegen Steuererhöhungen und wollen auch Sozialausgaben in die Streichliste mit aufnehmen. Der Haushaltsexperte der Republikaner, Paul Ryan, sagte, die S&P-Ankündigung zeige, auf welch gefährlichem Weg sich das Land befinde. »Wir stehen vor der offenkundigsten Wirtschaftskrise in unserer Geschichte, einer Krise, die durch das explosive Anwachsen der Ausgaben und Schuldenmachen durch die Regierung herbeigeführt wird.«
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