LINKE-Führung gelobt Besserung
Krisensitzung glättete Wogen im Geschäftsführenden Vorstand / Gesprächsangebot an Partei
Die Führung der LINKEN appelliert an die Partei, den Streit und die Personaldebatten der letzten Tage und Wochen einzustellen und zur gemeinsamen Arbeit zurückzukehren. Der Appell richtet sich vor allem an die Führungsmannschaft selbst.
Nach einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Geschäftsführenden Vorstandes am Mittwoch in Berlin äußerten sich die Teilnehmer vorsichtig optimistisch, dass die Wogen nun geglättet seien. Teile einer nach der Sitzung verteilten Erklärung lassen sich als Kritik am Auftreten des eigenen Führungspersonals lesen. Denn sie erinnern an die »Aufgabe des Geschäftsführenden Parteivorstandes und aller FunktionsträgerInnen, gemeinsam und in einer fairen und konstruktiven Atmosphäre die nächsten Etappen für die Partei inhaltlich vorzubereiten.« Und weiter: Der Vorstand »sieht sich in der Verantwortung, die Debatte über das Führungspersonal der Partei sofort einzustellen und erwartet von allen VerantwortungsträgerInnen in der Partei Gleiches«. Der Streit war in Rücktrittsforderungen an Bundesschatzmeister Raju Sharma kulminiert, nachdem dieser Parteichef Klaus Ernst aufgefordert hatte, die »Klappe« zu halten. Die engere Führung der Partei hatte sich daraufhin kurzfristig zur Krisensitzung am Mittwoch getroffen. Die Auseinandersetzung im Vorstand wird in der Erklärung nun für beendet erklärt. Sharma habe bedauert, dass seine gegenüber Ernst gewählte Formulierung »als verletzend empfunden wurde«, Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus nehme seine Rücktrittsforderung zurück, die Parteivize Sahra Wagenknecht habe einen Rücktritt nicht gefordert, heißt es.
Parteichefin Gesine Lötzsch kündigte an, die mit dem Programmentwurf im Oktober zur Abstimmung stehende Strategie der Partei »zu präzisieren«. Einig sei man sich, dass der Kern linker Politik, soziale Gerechtigkeit und Friedenspolitik, dabei nicht zur Disposition stünden. Gleichzeitig werde man weiterhin Minderheitenrechte in der Partei akzeptieren, die man in der Gesellschaft ebenfalls einfordere. Ihr Kovorsitzender Klaus Ernst ergänzte, die Debatten der letzten Zeit hätten der Partei geschadet. »Wir haben vereinbart, damit aufzuhören.« Befragt nach den im Reformerlager heftig kritisierten Angriffen, die er in seiner Rede auf dem Hamburger Landesparteitag vor einer Woche gegen einen nicht näher bezeichneten »harten Kern von Funktionär/innen und Mandatsträger/innen« vorgetragen hatte, verteidigte Ernst seine Position. Die Kritisierten direkt anzusprechen, hätte die Personaldebatte nur befördert, was er habe vermeiden wollen.
Der Geschäftsführende Vorstand unterbreitet der Partei in seiner Erklärung das Angebot zur Diskussion »in offener Atmosphäre und an der Sache orientiert« und räumt damit vorsichtig auch eigene Versäumnisse ein. Es gebe in der Partei »breiten Diskussionsbedarf über unsere programmatische und strategische Aufstellung«. Diesem müsse Raum verschafft werden, »zum Beispiel auf den Zusammenkünften mit den Kreis- und Landesvorsitzenden«. Erst nach Intervention der Kreisvorsitzenden hatte der Vorstand zuletzt ein bereits ins nächste Jahr verschobenes Treffen zurück in diesen Mai verlegt. Weiter kündigt der Vorstand an, nach Möglichkeiten zu suchen, die Landesverbände enger in die Diskussionen des Vorstandes einzubeziehen.
Am gleichen Tag erklärten die vier Brandenburger Minister der LINKEN, »kein Verständnis für unproduktive Flügelkämpfe« zu haben. Helmuth Markov (Finanzen), Volkmar Schöneburg (Justiz), Ralf Christoffers (Wirtschaft) und Anita Tack (Umwelt) fordern Berechenbarkeit und damit die Beibehaltung der vereinbarten Zeitplanung: 2011 Programmparteitag, 2012 Wahl des Parteivorstandes. Tags zuvor hatten mit Kreszentina Flauger (Niedersachsen), Kerstin Kaiser (Brandenburg), Willi van Ooyen (Hessen) und Bodo Ramelow (Thüringen) vier Fraktionsvorsitzende eine »politische Korrektur der Auseinandersetzung« gefordert. An die Stelle von Schuldzuweisungen müssten ernste Analysen treten.
Am Rande der Berliner Vorstandssitzung äußerte der sachsen-anhaltische Landesvorsitzende Matthias Höhn, auf dessen Bitte hin die Sitzung einberufen worden war, Genugtuung darüber, dass die personellen Konflikte vorerst beigelegt wurden. Und Raju Sharma, befragt, ob er an den jetzt beschlossenen Frieden glaube: »Glaube? Dafür müsste ich religionspolitischer Sprecher sein. Ich hoffe es.«
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