LINKE-Gegner reiben sich die Hände

Duisburger Flugblatt-Affäre weitet sich aus / Eklatante Verletzung des Datenschutzes

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Nachdem am Mittwochabend durch eine Medienveröffentlichung offenbar wurde, dass auf der Webseite der Duisburger Linkspartei ein antisemitisches Flugblatt zum Download stand (ND berichtete), schlagen die Wellen weiterhin hoch. Gestern erstattete der Kreisvorstand Strafanzeige – notwendigerweise gegen Unbekannt.

Das Flugblatt, das offen antisemitisch-verschwörungsparanoid ist, wurde offenbar am Abend des 31. Januar auf die Webseite der Duisburger LINKEN hochgeladen. Ohne Wissen der dortigen Aktivisten, die sich entsetzt zeigten, dass solche Inhalte auf ihrer Webseite veröffentlicht wurden. Aufgefallen sei das Flugblatt deshalb nicht, weil es auf einer Unterseite der Duisburger Linksjugend [solid] verlinkt war. Um diese Seite habe sich die Partei nicht weiter gekümmert, so Pressesprecher Horst Werner Rook. Im und um den KV gibt es eine Reihe scharfer Israel-Kritiker.

Mittlerweile kennt man die IP-Adresse, unter der sich der Täter zu diesem Zeitpunkt im Internet bewegte. Nun gehen die LINKEN davon aus, dass darüber »ermittelt werden kann, wer das Flugblatt ins Netz gesetzt hat«.

Doch ob das betroffene Telekom-Unternehmen noch nach einem Vierteljahr die zur IP-Adresse gehörenden sensiblen Kundendaten gespeichert hat, ist mehr als fraglich. Der Täter könnte zudem anonym von einem Internet-Cafe aus agiert haben.

Ausgesprochen lax hatte die Duisburger LINKE den Zugang zu ihrer Webseite gehandhabt – und dabei selbst banalste Sicherheitsstandards verletzt. Wie das ND erfuhr, durften über 20 Personen gleichsam offiziell Dateien hochladen oder Inhalte ändern. Dabei wurde stets nur ein gemeinsamer Nutzername nebst einem Passwort verwendet. Letzteres wurde seit Jahren nicht geändert. Diese Zugangsdaten wurden zudem offenbar munter weitergereicht. Anonymität blieb garantiert.

Entsprechend unüberschaubar ist der Kreis der Personen, die auf der Webseite Änderungen vornehmen konnten. Zudem hatten alle Zugriff auf sämtliche Webseiteninhalte – differenzierte Zugriffsrechte (zum Beispiel nur für bestimmte Unterseiten) waren unbekannt. Theoretisch könnte ein Übelmeinender die komplette Webseite manipuliert haben.

»Leider haben in der Vergangenheit über die Jahre zu viele Personen Zugriff auf die Webseite bekommen«, schrieb der Kreisvorstand am Donnerstagabend zerknirscht an die Duisburger LINKE-Mitglieder. Er könne »nicht ausschließen, dass das Pamphlet von einem Mitglied oder Ex-Mitglied auf die Seite geladen wurde«. Die etwaigen Täter unter den E-Mail-Lesern wurden aufgefordert, sich bis Freitag, Punkt 10 Uhr, beim Kreisvorstand zu melden, um »sich der politischen Verantwortung zustellen«.

Das Flugblatt zeigt ein Hakenkreuz, das mit einem Davidstern verwächst. Im rechtsextremen Stil wird vom »sogenannten Holocaust« gesprochen und die Holocaust-Leugner-Parole »Wahrheit macht frei« zustimmend zitiert. Die LINKE hatte das Flugblatt sofort gelöscht, nachdem sie über einen Bericht des Journalisten-Weblogs »Ruhrbarone« darauf aufmerksam gemacht worden war. Bisher wurden wurden 16 Strafanzeigen gegen die LINKE erstattet, die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt gegen die Kreisverbandssprecherin Ute Abraham wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Die politischen Gegner der LINKEN versuchen derweil, aus der peinlichen Affäre Kapital zu schlagen. Erst seit Kurzem besteht im Rat der Stadt Duisburg eine Kooperation zwischen der LINKEN, SPD und Grünen. Die Junge Union NRW verkündete, es sei »beschämend«, dass NRW-Innenminister Jäger als Vorsitzender der SPD Duisburg »mit dieser antisemitischen Linken« zusammenarbeite. Die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« fuhr gestern eine »Extremismusexpertin« der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung auf: »Bei der Linken gibt es antiisraelische Tendenzen«, lautet die Überschrift des Interviews. Der Generalsekretär der NRW-FDP, Joachim Stamp, behauptete, die Linkspartei in Duisburg liefere »den besten Beweis, warum die Überwachung dieser Partei durch den Verfassungsschutz nach wie vor dringend geboten ist«.

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