Alle meine Entchen schwimmen auf dem Titicacasee

Das deutsche Volkslied fand auch seinen Weg in die Berge Perus – auf die Inseln der Uros-Indianer

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: 2 Min.
Schöne Geste oder Auswuchs des Massentourismus?
Schöne Geste oder Auswuchs des Massentourismus?

Puno im südöstlichen Peru liegt eingeklemmt zwischen den Höhenzügen der Anden und dem Titicacasee. Die Stadt kann einige Kirchen aus der spanischen Kolonialzeit vorweisen und verfügt auch über einige gute Restaurants, um den Hunger der zahlreichen Touristen zu stillen. Hauptattraktion sind die schwimmenden Inseln der Uros-Indianer auf dem Titicacasee. Dorthin zu kommen ist kein Problem, viele Ausflugsboote liegen im Hafen bereit. Ein bisschen abwarten und Cocatee trinken ist aber angebracht, um nicht dem erstbesten Schlepper aufzusitzen, um dann einen für beide Seiten akzeptablen Preis auszuhandeln. In 3800 m Höhe muss man die Dinge ohnehin mit Ruhe angehen.

Die Überfahrt zu einer der 42 schwimmenden Inseln dauert etwa 20 Minuten. Wenn man die ausfahrenden Boote beobachtet, wird deutlich, dass jeder Kapitän seine abgesprochene Landestelle hat, so dass alle Inseln etwas vom Touristenstrom abbekommen. Nach Ankunft des Bootes demonstriert der Capitan der Insel, das Oberhaupt der Handvoll Familien, die hier wohnen, wie eine schwimmende Insel konstruiert wird. Sie besteht aus Blöcken ausgestochenen Schlammes der Schilffelder, die ausreichende Tragfähigkeit haben, um Heimstatt zu werden für die Uros-Indianer. Das zu lernen hatte mich auf die Inseln gelockt, denn die Realität hält, vor dem seriöse Reiseführer warnen: touristischer Massenkommerz höchster Klasse. Für die Uros-Indianer ist es jedoch die fast einzige Einnahmequelle, denn Fischfang und Seevogeljagd geben nicht mehr so viel her, um die Familien zu ernähren und auf dem Festland gibt es mehr als genug Konkurrenten. Sie geben sich dann auch alle Mühe, die Touristen zum Kauf ihrer farbenfrohen Textilien zu animieren.

Zum Abschied gibt es eine kleine Show mit Musik und Gesang. Zunächst singen die Indianerinnen ein kurzes Lied in Quechua und Aymara, die Sprachen ihrer alten Feinde, vor denen auszuweichen sie zwang, sich Inseln zu bauen und ein Leben am Rande der vorspanischen Gesellschaften zu fristen. Die Sprache der Uros ist bereits einige Zeit ausgestorben. Linguisten haben nur einige unvollständige Wörterverzeichnisse, um Bruchstücke zu rekonstruieren. Einem spanischen Lied folgt ein englisches – auf jeden Fall ist der Sprachklang erkennbar – bis gefragt wird, ob deutsche Touristen da wären. Eine ganze Menge Arme gehen hoch und als Abschiedsgruß stimmen die Señoras dann »Alle meine Entchen« an. Es wirkt, als ob sie den Text rein phonetisch durch Zuhören gelernt haben und nicht wissen, worüber der Text handelt. Da ist die Frage: Sind die fremdsprachigen Lieder eine schöne Geste gegenüber den Touristen oder ein Auswuchs des Massentourismus?

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