Windkraft in die Ferngasleitung
Gewinneinbruch bei Ost-Gaskonzern VNG / Rascher Atomausstieg sorgt für Optimismus
Ein dichtes Netz von 380-Kilovolt-Leitungen, die sich kreuz und quer durch Deutschland ziehen, ist für Uwe Barthel ein Graus. Der Technik-Vorstand der Verbundnetz Gas AG weiß, dass mit der zunehmenden Rolle von dezentral erzeugten Erneuerbaren Energien diese auch verteilt werden müssen. Der Gaslieferant kann sich aber dafür elegantere Lösungen vorstellen als Kabeltrassen: »Windgas«. Der per Windrad erzeugte Strom soll dabei genutzt werden, um per Elektrolyse Wasserstoff herzustellen; dieser wiederum wird unter Zugabe von Kohlendioxid zu Methan, also quasi »synthetischem Erdgas«, formuliert Barthel. Das lässt sich in Leitungen im Land verteilen und sei »die ideale Batterie« für die unsteten Erneuerbaren Energien. Allerdings noch nicht morgen: Bis zur Serienreife, sagt er dem ND, werde es wohl noch zehn Jahre dauern.
Bis dahin lebt die VNG, der größte Konzern im Osten, vorerst weiter vom Handel mit Erdgas – zuletzt ein schwieriges Geschäft. Weil die Preise dank eines Überangebots stark sanken, brach der Gewinn 2010 auf 59 Millionen Euro ein, so wenig wie seit zehn Jahren nicht mehr. 2009 waren es noch 170 Millionen Euro gewesen. Dabei wurde der Absatz zum 13. Mal in Folge gesteigert. 220,3 Milliarden Kilowattstunden bedeuten einen Zuwachs von einem Fünftel. Der Umsatz stieg weniger stark um elf Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Unterm Strich blieb aber deutlich weniger Geld in den Kassen. Dennoch werden 50 Millionen Euro an Dividende ausgeschüttet, erklärte Karsten Heuchert bei seiner ersten Bilanz als Vorstandsvorsitzender.
Viel mehr verdienen wird VNG wohl auch 2011 nicht; trotz einer erneuten Steigerung beim Absatz rechne er nicht mit »wesentlichen« Änderungen bei Gewinnen. Erst mittelfristig sollen sie wieder steigen. Ein Grund ist, dass VNG mit seinen Lieferanten verhandelt und hofft, 2011 neue Konditionen eingeräumt zu bekommen. Mit dem schnellen Atomausstieg dürfte daneben die Rolle von Gas als Energielieferant gewichtiger werden. In Zukunft soll dieses zudem häufiger aus eigener Förderung kommen. In Norwegen ist man bereits an Förderlizenzen beteiligt, in Dänemark ist eine Tochter kurz nach der Gründung schon fündig geworden. Bisher kommt das Gas zu großen Teilen aus Russland, Norwegen und deutschen Quellen sowie zu inzwischen 30 Prozent vom Kurzfrist-Terminmarkt.
Bisher nur im einstelligen Prozentbereich liegt der Anteil von Bio-Erdgas. Korrekturen im Erneuerbare-Energien-Gesetz, so zur Nutzung von Biogas in Mini-Blockheizkraftwerken für Privathäuser, sollen für Auftrieb sorgen, forderte Heuchert. Die Konzernzentrale in Leipzig beziehe bereits ausschließlich Bio-Erdgas. Und an den acht Gastankstellen von VNG kommt es ebenfalls bereits in Autotanks.
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