Sprengstoff in der Euro-Zone

  • Christa Luft
  • Lesedauer: 3 Min.
»Der Bruch der Euro-Zone lässt sich nicht mit weiteren Rettungsmilliarden und neuen Sparauflagen verhindern.«
»Der Bruch der Euro-Zone lässt sich nicht mit weiteren Rettungsmilliarden und neuen Sparauflagen verhindern.«

Sollte Milton Friedman, Vater des Monetarismus, recht behalten? Der ebenso einflussreiche wie umstrittene US-amerikanische Ökonom unkte 2002, Euroland werde in 5 bis 15 Jahren zusammenbrechen. Zu ungleich sei die Entwicklung der Beteiligten, und der Wegfall der eigenen Währung verhindere eine Verbesserung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit mittels Abwertung. Eine einheitliche Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik und ohne Fiskalunion verurteile das Integrationsprojekt zum Scheitern.

Eine Dekade ist seit der belächelten Prognose vergangen. Die Staatsschuldenkrise droht den Sprengstoff in der Euro-Zone zu entzünden. Sie umfasst mittlerweile 17 Länder mit 17 verschiedenen Staatsanleihen und unterschiedlichen Zinssätzen, Kursen und Renditen. Ein Paradies für Finanzjongleure! Diese verschulden sich günstig in Ländern mit guter Bonität und legen das Geld in klammen Ländern für höhere Zinsen an. Banken kaufen Staatsanleihen der Krisenländer auf, hinterlegen sie als Sicherheit bei der Europäischen Zentralbank und erhalten dafür frisch gedruckte Euroscheine zu einem Niedrigzinssatz. Finanzmärkte entscheiden über das Schicksal demokratischer Staaten und von Millionen von Menschen.

Mehrmals wurden bereits milliardenschwere Schirme aufgespannt, um überschuldete Euro-Länder vor dem drohenden Bankrott zu retten. Irland, Portugal und Griechenland suchten darunter Schutz. Die Sorge wächst, auch Spanien müsse unter den Schirm. Spekuliert wird über einen Austritt der Hellenen aus der Eurozone oder die Umschuldung.

Den hilfebedürftigen Ländern werden härteste Bandagen verordnet. Das drosselt deren Wirtschaftskraft. Die Bevölkerung ächzt unter rigiden Sparmaßnahmen und macht dafür die EU verantwortlich. Nationalistische Tendenzen breiten sich aus. Aber auch in Ländern, die sich als Zahlmeister Europas sehen, wächst der Unmut. In den Niederlanden will die »Partei für die Freiheit« den Gulden wiederhaben und der Partei »Wahre Finnen« hat ihre Anti-Euro-Rhetorik bei den jüngsten Wahlen in Finnland knapp 20 Prozent beschert. In Frankreich wettert die rechte »Front National« gegen den Euro.

Eine erneute Aufstockung des Rettungsschirms wird in den Geberländern – selbst mit dem Hinweis auf deren Vorteile – der breiten Bevölkerung kaum vermittelbar sein. Denn Hauptprofiteur ist die Exportwirtschaft. Eine Rückkehr zur nationalen Währung würde das betreffende Krisenland in seinen Euro-Altschulden ertrinken lassen. Eine Umschuldung könnte für Griechenland aktuell ein Befreiungsschlag sein. Geldgeber müssten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten und die Laufzeit der griechischen Anleihen verlängern. Das Problem: Betroffen wären nicht nur private Investoren wie Versicherungen, Pensionsfonds und Banken, sondern auch die Steuerzahler. In Deutschland wären etwa die WestLB und die verstaatlichte Hypo Real Estate zu Abschreibungen gezwungen, und der Bund hätte Kapital nachzuschießen.

Der Bruch der Euro-Zone lässt sich nicht mit weiteren Rettungsmilliarden und neuen Sparauflagen verhindern. Ausgehebelt gehören ruinöse Wucherzinsen privater Banken für Kredite an klamme Länder, indem Euroland gemeinsam Anleihen vergibt. Deren Risikoaufschläge würden durch die gute Bonität einiger Mitglieder der Union reduziert. Auch fordert die wirtschaftliche Konsolidierung hochverschuldeter Länder außer starken eigenen Anstrengungen ein wachstumsförderndes europäisches Investitionsprogramm.

In der wöchentlichen ND-Wirtschaftskolumne erläutern der Philosoph Robert Kurz, der Ökonom Harry Nick, die Wirtschaftsexpertin Christa Luft und der Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel Hintergründe aktueller Vorgänge.

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