Machtpoker im IWF
Kommentar von Martin Ling
Der Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) war angesichts der Schwere der Vorwürfe nur eine Frage der Zeit. Dementsprechend setzten hinter den Kulissen die Nachfolgeverhandlungen flugs nach der Verhaftung ein. Und die bergen dieses Mal mehr Brisanz denn je in sich. Zum ersten Mal seit Gründung der Schwesterinstitutionen von Bretton Woods 1944 wird offen die ungeschriebene Regel infrage gestellt, dass der IWF von einem Europäer und die Weltbank von einem US-Amerikaner geführt wird. Das realwirtschaftlich deutlich gewachsene Gewicht der Schwellenländer findet darin einen neuen Ausdruck. Schon im vergangenen Oktober kam man im IWF nicht mehr umhin, die Stimmrechte der Schwellenländer aufzuwerten. Schon damals mussten die Europäer Stimmrechte abgeben.
Es ist indes längst nicht ausgemacht, ob die Schwellenländer einen der ihren durchsetzen können. Neben dem Widerstand der Europäer, die nach langer Zeit wegen Griechenlands Schuldenkrise den IWF im eigenen Haus dulden müssen und ihn gerade deswegen gerne weiter anführen würden, ist auch die bisherige Uneinigkeit bei der Kandidatenwahl der Schwellenländer ein Hindernis. So offen wie die Personalfrage ist die Frage, ob Strauss-Kahns Ansinnen, die Märkte wieder stärker zu regulieren, mit seinem Abgang beerdigt wird, woher sein Nachfolger auch immer kommt. Für die Welt ist qualitativ die letztere weit bedeutsamer.
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