Mit Kohle in die Zukunft

Die SPD stellte ihr Konzept »Neue Energie« vor

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die SPD hat nun ein eigenes Konzept für eine Energiewende. Demnach könnte Deutschland seinen Strombedarf bis 2050 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. Bis es aber soweit ist, sollen Kohlekraftwerke als Brückentechnologie weiter ausgebaut werden.

Die Sozialdemokraten wollen grüner werden. Dafür erarbeitete eine extra ins Leben gerufene Energiekommission ein entsprechendes Konzept. Unter Leitung des hessischen SPD-Chefs Thorsten Schäfer-Gümbel entwickelte man ein »50-Punkte-Papier«, das bereits am vergangenen Montag unter dem programmatischen Namen »Neue Energie« der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Gestern legte die SPD nach und lud zahlreiche Fachleute und Interessierte zu einer Fachkonferenz unter dem Motto »Wirtschaft-Arbeit-Energie« ins Berliner Willy-Brandt-Haus.

Energiekommissions-Chef Schäfer-Gümbel zeigte sich in seiner Eröffnungsrede sicher: Die im Konzept vorgesehene vollständige Deckung des Strombedarfs durch Erneuerbare bis 2050 sei »keine Fantasterei«. Dabei wurde der Hesse grundsätzlich. Eine solche Energiewende sei »nur von Unten« durchsetzbar. Die SPD setzt also auf Dezentralisierung und vor allem auf kommunale Stromerzeuger wie Stadtwerke und Genossenschaften. Explizit kritisierte der Sozialdemokrat die Monopolstellung »der großen Vier« und kündigte »mehr Wettbewerb« an – eine Kampfansage an die vier übermächtigen Stromkonzerne E.on, RWE, Vattenfall und EnBW. Im SPD-Papier ist gar von einem »Oligopol« die Rede, das »über mehr als 80 Prozent der deutschen Produktionskapazitäten« verfüge. Diese Marktmacht einiger Big Player sei der Grund dafür, »warum Deutschland auch im europäischen Vergleich unter relativ hohen Energiepreisen leidet«. Auch deshalb müsse es Ziel sozialdemokratischer Politik sein, »durch mehr Wettbewerb den Marktanteil der vier großen Energiekonzerne in Deutschland in den kommenden zehn Jahren auf unter 50 Prozent zu senken«.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hob in seiner Rede das wirtschaftliche Potenzial einer Energiewende hervor. Er erinnerte daran, dass bereits mehr als 370 000 neue Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien entstanden seien. Gabriel forderte zudem einen parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende.

Allen schönen Worten zum Trotz: Ein Blick ins Energiekonzept der SPD zeigt, dass sich die Kohlepartei eben nicht ganz von diesem dreckigen Brennstoff verabschieden möchte. »Fossile Energieträger sind die Brücke ins Zeitalter der erneuerbaren Energien«, so heißt es dort. Deshalb sieht der Entwurf vor, Kohle- und Gaskraftwerke »im Umfang der heute genehmigten Kapazität von 10 Gigawatt« zu bauen. Auch weiteren Kraftwerksneubauten verschließt sich die SPD ausdrücklich nicht, solange die Kohlemeiler »hocheffizient« sind und »für eine schnelle und flexible Lastregelung im Elektrizitätsnetz« zur Verfügung stehen.

Auch die umstrittene CCS-Technologie, bei der anfallendes Kohlendioxid in unterirdische Speicher gepresst werden soll, findet im Entwurf wohlmeinende Erwähnung. Man wolle, heißt es wörtlich, die »Abscheidung, Speicherung und Wiederverwertung von Kohlendioxid weiterentwickeln«. Umweltschützer halten diese bislang noch nicht einsatzfähige Technik für ein Alibi der Stromkonzerne, mit dem der Bau neuer Kohlekraftwerke quasi grün bemäntelt wird.

Dafür bleibt die SPD in Sachen Atomausstieg konsequent: »Abschaltung aller deutschen AKW in diesem Jahrzehnt bis spätestens 2020«, heißt es unmissverständlich im Entwurf. Auch auf internationaler Ebene will sich die SPD für einen Ausstieg aus der Risikotechnologie einsetzen. Dies soll nicht zu Lasten der deutschen CO2-Bilanz gehen, so will es das SPD-Papier. Demnach sollen die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 »um 40 Prozent und bis 2050 um 95 gegenüber 1990« sinken. Dieses Ziel soll in einem »verbindlichen nationalen Klimaschutzgesetz« festgezurrt werden. Kommentar Seite 8

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.