Bremen panaschiert und kumuliert

Vor der Bürgerschaftswahl: SPD und Grüne rechnen mit dem Auftrag zum Weiterregieren

Bremen wählt am Sonntag. Bürgerschaft und Kommunalparlamente werden neu zusammengesetzt. Bürgermeister Jens Böhrnsen kann damit rechnen, im Amt zu bleiben.

»Wir möchten Sie dazu aufrufen, von Ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.« Nicht allein versucht der amtierende Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), die Bremer mit einem Appell an die Urnen zu locken. Auch seine Vorgänger und Genossen Hans Koschnick, Klaus Wedemeier und Henning Scherf haben mit unterschrieben. Dabei kann die regierende Koalition aus SPD und Grünen den Umfragen zufolge sogar mit einer in Zukunft deutlich bequemeren Mehrheit in der Bürgerschaft rechnen – vor allem wegen der prognostizierten Zugewinne bei den Grünen, die vor der CDU zweitstärkste Partei werden könnten. Gerade weil alles so klar scheint, treibt die Regierenden offenbar die Sorge um, die Wahlbeteiligung könnte allzu niedrig ausfallen. Sie lag schon 2007 bei nur 58,6 Prozent.

Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte die Bremer auf, zur Wahl zu gehen und sich unter den demokratischen Parteien eine auszusuchen. »Extremisten von links und rechts« dürften keine Chance haben, ins Parlament einzuziehen, schreibt Gabriel auf Facebook. Welche »Extremisten von links« er meint, bleibt sein Geheimnis. Tatsächlich schafften es mehrfach extrem rechte oder rechtspopulistische Parteien, einen Platz in der Bürgerschaft zu ergattern. Im kleinsten Bundesland ist das mit relativ wenigen Stimmen möglich, da es schon ausreicht, wenn eine Partei in einem der beiden Wahlbereiche – Bremen oder Bremerhaven – die Fünf-Prozent-Hürde nimmt. 2007 kamen DVU und die »Bürger in Wut« (BIW) so ins Landesparlament.

Erstmals dürfen in Bremen auch 16- und 17-Jährige abstimmen. Das ist bislang nur bei den Kommunalwahlen in einigen Bundesländern der Fall.

Für alle Wähler wird es komplizierter. Der »Stimmzettel« entspricht einem dünnen DIN-A4-Heft. Gleich fünf Stimmen können die Wähler auf Parteien und Kandidaten verteilen. Diese Änderung bewirkte die Initiative »Mehr Demokratie« mit einem Volksentscheid im Jahr 2006. Panaschieren (Stimmen verteilen) und Kumulieren (Stimmen häufen) war auf Länderebene bisher nur in Hamburg möglich. Aufwändiger wird dadurch allerdings auch das Auszählen. Landeswahlleiter Jürgen Wayand kündigte die endgültigen Zahlen erst für Mitte der Woche an, was teilweise Unverständnis hervorrief. Mit Prognosen der Wahlforschungsinstitute sowie einer Hochrechnung des Landesamtes ist dennoch bereits am Wahlabend zu rechnen.

Das Wahlergebnis im Gebiet Bremen Stadt entscheidet zudem über die Zusammensetzung des Stadtparlaments, der so genannten Stadtbürgerschaft. Die Bremerhavener müssen dagegen für die Wahl ihrer Kommunalvertretung noch einen Extrazettel ausfüllen.

Allgemein wurde der Wahlkampf als themenarm und unaufgeregt empfunden. Das mag an der landläufigen Meinung liegen, leere Kassen bedeuteten »weniger Spielraum«. Tatsächlich dürfte es recht spannend werden, wie Böhrnsen sein erklärtes Ziel, ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen, in dem Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit und den schlechtesten Pisa-Ergebnissen zu erreichen gedenkt.

Rein theoretisch wäre möglich, dass er sich darum keinen Kopf machen muss: Wenn Grüne und CDU gut abschneiden, könnten sie gemeinsam die Regierung stellen – etwa mit der bisherigen Finanzministerin Karolin Linnert (Grüne) an der Spitze. Bisher hat Linnert jedoch ein Bündnis mit der CDU abgelehnt.

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