Der Osten kommt zurück
Dynamo Dresden setzt den Aufwärtstrend ehemaliger DDR-Vereine fort
Vor 371 Tagen titelte das ND auf seiner Sportseite »Absturz mit Ansage«. Es war ein Artikel über den Absturz von Hansa Rostock in die 3. Fußballliga und darüber, dass der Erstligafußball um den Osten einen großen Bogen machte. Erstmals seit 1991 war kein Klub aus den neuen Bundesländern oder Berlin mehr im Oberhaus vertreten. Mit dem Aufstieg von Hertha BSC ist dieser Teil der Geschichte vorerst zur kurzen Episode abgestempelt, und der Sieg von Dynamo Dresden in der Relegation zu Liga zwei vollendete eine Saison, die auch für andere ehemalige DDR-Klubs positiv verlief.
Gestern feierten zehntausende Fans in Dresden den Wiederaufstieg der Dynamos. Nach dem 3:1 nach Verlängerung im Rückspiel in Osnabrück hatten sich die ersten 1000 Unterstützer schon nachts um 3 Uhr am Dresdner Flughafen versammelt, um ihre Helden per Autokorso in die Stadt zu begleiten. 10 000 Zuschauer hatten zuvor im heimischen Stadion Public Viewing betrieben und waren bei den Toren von Christian Fiel in der 61. Minute, Dani Schahin (94.) und Robert Koch (119.) kollektiv ausgeflippt. Der Fußball im Osten entfacht langsam wieder Euphorie.
Nach Jahren, in denen sich die Fans von Energie, Hansa, Dynamo und Co. an den immer häufiger erfolglosen Abstiegskampf gewöhnen mussten, hieß das Zauberwort dieser Saison »Aufstieg«. So fegte der Chemnitzer FC durch die Regionalliga und spielt in der kommenden Spielzeit in Liga drei. Dort konnten sich der SV Babelsberg 03 und Carl-Zeiss Jena im Mittelfeld halten, während Rot-Weiß Erfurt, Hansa Rostock und Dynamo Dresden um den Aufstieg mitspielten – die letzten beiden erfolgreich. »Wir haben das Tal der Tränen durchschritten«, sagte Präsident Rainer Milkoreit vom Nordostdeutschen Fußball-Verband.
Somit spielen ab 15. Juli gleich fünf Ostklubs in der 2. Bundesliga – so viele wie seit 1992 nicht mehr, als die Liga noch zweigleisig war –, und das auch nur, weil dem letztjährigen Aufsteiger Erzgebirge Aue und Energie Cottbus im Aufstiegsrennen zum Oberhaus am Schluss die Puste ausging. Abstiegsängste kamen auch bei Union Berlin nie wirklich auf. Zur Erinnerung: In der vorletzten Zweitligasaison war Hansa Rostock noch der einzige Vertreter des Ostens in Liga zwei.
Vater des Dresdner Erfolges ist fraglos Trainer Ralf Loose, der Dynamo nach drei Niederlagen in Serie – u.a. gegen Erfurt und Rostock – Mitte April auf Platz sechs übernommen hatte und nicht mehr verlor. »Ich freue mich unheimlich für die Mannschaft und die ganze Region. Wir waren in beiden Spielen die bessere Mannschaft und haben nach dem Rückstand Moral bewiesen«, sagte Loose.
Am drittletzten Spieltag stand Dynamo erstmals auf Relegationsplatz drei und ließ sich nicht mehr aufhalten. »Abgerechnet wird zum Schluss«, stand auf den Trikots der Dresdner, die sie sich nach dem Abpfiff in Osnabrück anzogen. Das Motto ihrer Saison.
Günstiger Nebeneffekt: Die Lizenzauflagen für Dresden sind mit dem Aufstieg um über eine Million Euro geringer geworden und sollten schnell aufgebracht werden können. Bei solch großen Fanaufläufen lassen sich leichter Sponsoren finden. Bleibt nur zu hoffen, dass das gesparte Geld nicht wieder für Strafen wegen Fanausschreitungen ausgegeben werden muss. Auch in Osnabrück hatten zündelnde und Bierbecher werfende Dresdner Anhänger für eine Unterbrechung des Spiels gesorgt. Kaum auszudenken, wenn der Aufstieg auf diese Weise verhindert worden wäre. Dieses Problem muss Dynamo auf dem Weg zurück zu altem Glanz noch in den Griff bekommen. Doch es ist keins der aktuellen Stunde. Jetzt wird erst einmal gefeiert.
Osnabrück - Dresden 1:3 n.V. (1:1,1:0)
Tore: 1:0 Mauersberger (45.), 1:1 Fiel (61.), 1:2 Schahin (94.), 1:3 Koch (119.).
Tendenz zum Aufstieg
Zwar macht die Fußball-Bundesliga auch in der kommenden Saison einen Bogen um die traditionellen Ostklubs – immerhin ist Hertha BSC aufgestiegen –, doch ehemalige DDR-Vereine bewegten sich in der abgelaufenen Saison tendenziell nach oben. Eine Übersicht:
Bundesliga: kein Verein
2. Bundesliga:
Erzgebirge Aue
Energie Cottbus
Union Berlin
Hansa Rostock (Aufstieg)
Dynamo Dresden (Aufstieg)
3. Liga:
Rot-Weiß Erfurt
Carl-Zeiss Jena
Babelsberg (Lizenz fehlt)
Chemnitzer FC (Aufstieg)
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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