Vollzug des Vorurteils

Kommentar von Uwe Kalbe

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Die Roma in Deutschland weisen seit Jahren auf ihren nur zögerlich anerkannten Status als Holocaustopfer im Hitlerfaschismus hin. Aus irgendeinem Grund verzichten sie darauf, daraus lautstark auch eine Forderung nach Entgegenkommen abzuleiten, wenn es um das Bleiberecht für Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien geht. Dabei gibt es hier womöglich einen Zusammenhang. Man gesteht den Roma vom Balkan ja nicht zu, Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention zu sein. Sie seien Wirtschaftsflüchtlinge; das aber gilt als minderwertiger Grund, solange es um die Migration von Ausländern, nicht von Deutschen geht.

Es ist eine scheinheilige Begründung für die eingeleitete Abschiebung von 10 000 bis 12 000 Menschen – nach Kosovo, obwohl längst nicht alle Betroffenen von dort stammen. Vor allem aber: Die Roma sind zum Teil 20 Jahre lang gezielt in provisorischer, benachteiligter Lage gehalten worden, mehr als eine Duldung hat man ihnen nicht bewilligt. Sie sind von fester Arbeit ferngehalten, mit Almosen abgespeist worden. Das Bild, das sie häufig bieten, ist das der sich selbst vollziehenden Prophezeiung vom nicht sesshaften, gar zwielichtigen Zigeuner – ein rassistisches Bild. Bis zu 50 Prozent davon sind Jugendliche, zum großen Teil hier geboren. Sie sind ein Spiegel dieser Gesellschaft, nicht einer balkanfernen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.