»Basta!« schimpfte der IATA-Chef
Luftfahrtweltverband warnt vor Sinkflug und kritisiert EU-Emissionshandel
Minus 56 Prozent, das trifft hart. Die IATA geht inzwischen von einem Ölpreis von 110 Dollar pro Barrel aus. Für 2011 entspräche das Gesamtkosten von 176 Milliarden Dollar. Das wären 30 Prozent der Gesamtkosten des Fluggeschäfts. Vor zehn Jahren betrug der Anteil nur 13 Prozent. Jeder Dollar Anstieg kostet die Fluggesellschaften 1,6 Milliarden Dollar.
Doch das ist nicht einmal der ganze Schreck. Auf den luftigen Wirtschaftszweig kommt nun auch noch der umstrittene Emissionshandel in Europa zu. »Eine Schande«, schimpfte der scheidende IATA-Generaldirektor Giovanni Bisignani. »Wir müssen Basta zu Europa sagen«, polterte der Italiener. Wie auch sollte er sich ein »Schluss damit!« verkneifen, wo doch ein »Krieg« am Himmel heraufzieht. Was, so fragt die IATA, wenn alle Staaten außerhalb Europas als Vergeltung für die verlangten Abgaben ihren Luftraum für europäische Fluggesellschaften sperren? China, die USA und Russland hätten schon Vergeltungsmaßnahmen angekündigt, war auf der Jahrestagung des IATA-Verbandes in Singapur zu hören. Luftverkehrsgesellschaften befürchten Strafzahlungen oder Einschränkungen der Start- und Landerechte. Auch die Überflugsmöglichkeiten könnten zur Disposition stehen.
In den Anti-Emissionshandels-Kanon stimmten viele Delegierte der 700 vertreten Airlines ein. Auch Lufthansa-Chef Christoph Franz erhob die Stimme gegen die »massive wettbewerbsverzerrende Wirkung«. Die EU verlangt von allen Airlines, die Europa anfliegen, ab dem 1. Januar 2012 Gebühren für den Kohlendioxid-Ausstoß. Wer von Asien mit Zwischenstopp in der EU in die USA fliegt, muss für die ganze Strecke zahlen. Wer dieselbe Strecke über einen der Golfstaaten fliegt, bleibt dagegen verschont. Befürchtet wird, dass sich ein Gutteil des Luftverkehrs verlagert und über den Mittleren Osten abgewickelt wird. Allein die Lufthansa rechnet mit 150 bis 350 Millionen Euro Kosten pro Jahr für die Verschmutzungszertifikate. »Der Klimawandel ist ein globales Problem, und das braucht globale Lösungen«, sagte Franz. Die IATA rief auch die deutsche Regierung dazu auf, die Luftverkehrsabgabe zurückzunehmen.
Doch es gibt trotz generellem Gewinn-Sinkflug auch ökonomisch Positives zu berichten. Die Wirtschaftsdynamik in der pazifisch-asiatischen Region sowie die Luftfahrt Lateinamerikas setzen erwünschte Wegmarken. In seiner »Vision 2050« erwartet der Luftfahrtverband IATA in knapp 40 Jahren 16 Milliarden Passagiere und 400 Millionen Tonnen Fracht.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.