Wie stark strahlt meine Bank?

Heffa Schücking über das Atom-Engagement deutscher Kreditgeber / Schücking (51) ist Geschäftsführerin der Umweltorganisation »urgewald«

  • Lesedauer: 3 Min.
Fragwürdig – Wie stark strahlt meine Bank?

ND: Frau Schücking, Sie haben die Investments der Großbanken in der Atomindustrie untersucht. Welche Bank ist denn nun das radioaktivste Kreditinstitut der Welt?
Schücking: Wenig überraschend liegt die französische Bank BNP Paribas »vorne«. Zwischen 2000 und 2009 hat allein diese Bank etwa 13,5 Milliarden Euro in die Nuklearbranche gesteckt. In der Bundesrepublik ist die Deutsche Bank mit 7,8 Milliarden Euro die »radioaktivste« Bank, gefolgt von der Commerzbank mit 3,9 Milliarden Euro sowie der HypoVereinsbank und der Bayerischen Landesbank, die als vierte immerhin Finanzierungen von über 1,75 Milliarden Euro für die Atomindustrie getätigt hat. Deutschland spielt in dem Geschäft aber nicht die erste Geige, auch die Deutsche Bank liegt in einem weltweiten Atom-Investment-Ranking auf dem siebten Platz.

Wie sind Sie bei der Studie vorgegangen? Haben die Banken Sie in ihre Bücher sehen lassen?
Nein. Wir haben von den Konzernen aus recherchiert und gefragt, wer deren Geschäfte finanziert. Dabei haben wir 80 der weltweit größten Atom-Unternehmen unter die Lupe genommen – vom Uranabbau bis zur Endlagerung. Das deckt natürlich nicht die ganze Branche ab, ist aber aussagekräftig. Bekannte Namen unter den untersuchten Konzernen sind etwa Tepco, Areva, Rio Tinto, RWE oder E.ON. Wir untersuchen in der Studie aber nicht alle Unternehmen der Branche, darum sind die Atomfinanzierungen der Banken tatsächlich noch sehr viel höher.

Sie rufen dazu auf, diesen Banken die Konten zu kündigen. Reagieren die betroffenen Institute?
Die elf deutschen Banken, die wir als »radioaktiv« bezeichnen, sind sensibilisiert für die Reputationsrisiken, die sich aus unserer Studie ergeben. Und das zu Recht, denn damit lösen wir eine neue Bewegung aus: Wer seinen persönlichen Atomausstieg vollziehen will, kann jetzt nicht nur den Stromanbieter wechseln, sondern auch den Finanzdienstleister. Aus den Banken hören wir, dass sehr viele Briefe eingehen wegen unserer Kampagne. Dabei geht es nicht nur um Privatkunden und ihr Sparbüchlein, sondern auch um Stiftungen und sogar Firmen, also größere Geschäftskunden. Das ist ein Punkt, an dem die Banken hellhörig werden.

Das klingt aber nicht sonderlich konkret ...
... es gibt aber handfeste Beispiele. Erst kürzlich hat etwa ein HypoVereinsbank-Vorstand öffentlich in der »Süddeutschen Zeitung« erklärt, sein Haus werde keine Kredite für Atomkraftwerke mehr geben. Wobei wir uns natürlich fragen, wie viel eine solche Erklärung tatsächlich wert ist.

Inwiefern das?
Auch wer keine projektbezogene Finanzierung für den Bau eines bestimmten Atomkraftwerks vergibt, kann ja trotzdem an solchen Geschäften beteiligt sein. Wer etwa einem Konzern wie dem italienischen Versorger ENEL ungebundene Kredite gibt, steckt in hochproblematischen Geschäften. In der Slowakei und in Rumänien baut der Konzern alte, halbvollendete Reaktoren fertig, deren Standard alles andere als modern ist – in Rumänien sogar in einem Erdbebengebiet. Ob die genannte Hypovereinsbank auch davon die Finger lässt, ist fraglich.

Welche Banken sind atomfrei?
Wie bei den Ökostromanbietern gibt es vier Alternativen: Das sind die GLS Bank, die Ethikbank, die Umweltbank und die Triodos Bank. Diese Banken finanzieren weder Atom- noch Kohlekraft. Nähere Informationen findet man in unserer Studie.

Fragen: Velten Schäfer

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