Wenn im Erbfall kein Testament existiert
Gesetzliche Erbfolge ohne letztwillige Verfügung
Wer Streitigkeiten um das zukünftige Erbe in seiner Familie programmiert sieht oder sichergehen will, dass das eigene Vermögen nicht in die falschen Hände gerät, sollte bereits zu Lebzeiten für den eigenen Todesfall vorsorgen. Dazu muss der »Letzte Wille« allerdings in einem Testament oder Erbvertrag festgehalten werden. Ansonsten greift grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge.
Einteilung der Erben
Der Gesetzgeber hat die gesetzlichen Erben nach dem Grad der verwandtschaftlichen Beziehung zum Erblasser klassifiziert. Dabei schließen nähere Verwandte stets Entferntere von der Erbfolge aus. Die Verwandten des Verstorbenen werden in verschiedene Ordnungsstufen unterteilt. Je enger der Verwandtschaftsgrad, desto eher werden sie bei der Verteilung des Erbes berücksichtigt. So zählen beispielsweise die Kinder des Erblassers und deren Nachkommen zu den Erben erster Ordnung.
Stirbt in einer Familie etwa die Mutter und hinterlässt eine Tochter und einen Sohn, erben beide zu gleichen Teilen. Verstirbt jedoch der Sohn, der seinerseits zwei Kinder hatte, vor der Mutter, erben ihre Enkelkinder bei ihrem Tod je ein Viertel des Vermögens. Dabei bleibt der Erbanspruch der Tochter der Verstorbenen auf die Hälfte des Vermögens unverändert bestehen.
Stirbt der Erblasser kinderlos, kommen nach der gesetzlichen Erbfolge Angehörige der zweiten Ordnung zum Zuge. Das sind die Eltern des Erblassers bzw. deren Nachkommen, also seine Geschwister und deren Kinder. Eine nützliche Übersicht über die einzelnen Ordnungen der Erbfolge bietet die Erbrechtsbroschüre des Bayerischen Justizministeriums unter www.verwaltung.bayern.de/Anlage1928172/VorsorgefuerdenErbfall.pdf.
Gibt es keinerlei überlebende Verwandte oder Ehepartner, kann sogar der Staat gesetzlicher Erbe werden. Weitere Beispiele zur gesetzlichen Erbfolge liefert www.das-rechtsportal.de.
Ehepartner als Alleinerbe?
»Eine Ausnahme von der Regelung der Verwandtschaftserbfolge gilt bei Ehepartnern«, so die D.A.S.-Juristin Anne Kronzucker. Diese sind, genauso wie Blutsverwandte, gesetzliche Erben des Erblassers. Gleiches gilt übrigens auch für Partner und Partnerinnen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Nicht berücksichtigt werden hingegen geschiedene Ehepartner bzw. Lebenspartner nach Auflösung der Partnerschaft. Ebenso gibt es kein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten, wenn zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits ein Scheidungsantrag des Erblassers gestellt war oder er seine Zustimmung zu einem Scheidungsantrag des Ehepartners gegeben hatte und die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen.
Die Höhe des Erbteils hängt von bestimmten Voraussetzungen ab: zum einen vom Güterstand, der in der Ehe gegolten hat, zum anderen vom Vorhandensein direkter Verwandter des Erblassers, die ebenfalls erbberechtigt sind. »Fälschlicherweise sind viele verheiratete und kinderlose Paare der Ansicht, dass der überlebende Partner zwangsläufig als Alleinerbe fungiert. Tatsächlich erben aber auch Verwandte wie Eltern, Geschwister oder Neffen und Nichten mit«. so Anne Kronzucker. Wer dies vermeiden will, muss gezwungenermaßen ein Testament oder einen Erbvertrag anfertigen. Doch auch dann haben bestimmte Verwandte das Recht auf einen Pflichtteil.
Tritt nun die gesetzliche Erbfolge ein und lebten die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft – was der Normalfall ist –, so gilt der Ehepartner neben den eigenen Kindern zu einem Viertel als gesetzlicher Erbe, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern sogar zur Hälfte. Lediglich für den Fall, dass keine Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung oder Großeltern des Erblassers mehr am Leben sind, bleibt der überlebende Ehepartner als Alleinerbe übrig.
Übrigens: Hochzeitsgeschenke und Haushaltsgegenstände darf der länger lebende Ehepartner unabhängig vom Güterstand behalten. Allerdings nur, wenn er sie zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt.
Erben in Patchwork-Familie
Die klassische Vater-Mutter-Kind-Konstellation ist in Deutschland längst nicht mehr so verbreitet wie früher. Welche Erbsituationen können sich in einer Patchwork-Familie ergeben?
Hier richtet sich die gesetzliche Erbfolge nach den leiblichen Verwandten. Folglich zählen beispielsweise Stiefkinder nicht zu den gesetzlichen Erben eines Erblassers, nichteheliche Kinder hingegen schon. Letztere werden auf rechtlicher Ebene mit ehelichen Kindern gleichgesetzt.“
Bei einer Adoption ergeben sich je nach Alter des Adoptierten zwei Möglichkeiten: Ein adoptiertes minderjähriges Kind wird rechtlich wie ein leibliches Kind behandelt, ist also gegenüber dem Adoptierenden sowie dessen Verwandten voll erbberechtigt.
Dafür entfallen alle Erbansprüche des adoptierten Minderjährigen zu seiner Ursprungsfamilie. Hiervon unterschieden werden muss die Adoption eines Volljährigen. Dieser ist lediglich in Bezug auf den Adoptierenden bzw. dessen Ehepartner erbberechtigt, nicht aber potenzieller Erbe deren Verwandter. In diesem Fall bleibt allerdings das Erbrecht in Bezug auf die leiblichen Eltern des Adoptierten erhalten.
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