Boston im Titelrausch, Vancouver in Flammen
Eishockey: Dennis Seidenberg holt mit den Bruins durch ein 4:0 bei den Canucks den Stanley Cup
In der alten Heimat ging gerade die Sonne auf, als Dennis Seidenberg endlich den Stanley Cup in die Hände bekam. »Jaaaa«, brüllte der deutsche Nationalspieler und riss die begehrteste Eishockey-Trophäe der Welt in die Höhe. Ein einziges deutsches Wort inmitten der Feierlichkeiten auf dem Eis in Vancouver drückte alles aus: Der 29-Jährige war am Ziel, zweiter deutscher Cup-Sieger nach Uwe Krupp - und beinahe sprachlos.
»Ich kann es noch gar nicht richtig fassen«, gab der Verteidiger der Boston Bruins zu, als der riesige Pokal nach dem entscheidenden 4:0 (1:0, 2:0, 1:0) im siebten Finalspiel der nordamerikanischen NHL gegen die Vancouver Canucks die Runde gemacht hatte: »Es ist unglaublich, ein Traum ist wahr geworden. Ich bin überglücklich.«
Sein Nationalmannschaftskollege Christian Ehrhoff war da schon längst in der Kabine verschwunden – frustriert und desillusioniert. »Die Enttäuschung ist im Moment riesengroß«, sagte der 28-jährige Verteidiger der Canucks, »es gibt nichts Härteres als in sieben Spielen im Finale zu verlieren.« Der ehemalige Krefelder hatte schon eine Hand am Cup gehabt, aber noch eine 3:2-Führung in der Serie mit Vancouver verspielt.
Nach der Schlusssirene hatte Ehrhoff erstmals seit Beginn der Finalserie wieder mit seinem deutschen Kontrahenten gesprochen: »Ich habe Dennis beim Shakehands gratuliert.« Während Ehrhoff anschließend seinen Play-off-Bart abrasierte, duschte Seidenberg in der Gästekabine mit Champagner und feierte mit den Bruins den sechsten NHL-Titel des Klubs, den ersten seit 1972.
Mit dem Erfolg in der Olympiastadt von 2010 trat der gebürtige Schwenninger in die Fußstapfen von Uwe Krupp, der vor 15 Jahren die Colorado Avalanche mit seinem Tor in der dritten Verlängerung des vierten Finales zum Titel schoss. »Das war eine Riesenleistung. Er war maßgeblich am Erfolg der Bruins beteiligt und ist derzeit einer der besten Verteidiger der NHL«, gratulierte der zurückgetretene Bundestrainer, der künftig die Kölner Haie trainieren wird: »Ich weiß aus eigener Erfahrung: Darauf wird er ein Leben lang angesprochen.«
Beim Showdown in Vancouver zählte Seidenberg zu den Stärksten. Der Verteidiger entzauberte einmal mehr die Stürmerstars der Canucks, allen voran die enttäuschenden schwedischen Zwillinge Henrik und Daniel Sedin. Außerdem bereitete Seidenberg, der mit 28:51 Minuten erneut die meiste Eiszeit aller Spieler verbuchte, das 2:0 durch Brad Marchand (33.) als auch den dritten Treffer durch Patrice Bergeron (38.) vor. Bergeron hatte die Gäste im ersten Drittel in Führung gebracht (15.). Marchand traf zudem zwei Minuten vor Schluss ins leere Tor.
Während die Bruins in der Arena feierten, ehe es anschließend zurück nach Boston ging, brachen in der Innenstadt von Vancouver schwere Krawalle aus. Frustrierte Fans und Randalierer lieferten sich in der Innenstadt gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei, zündeten Autos an und plünderten mehrere Geschäfte. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, Festnahmen wurden zunächst nicht gemeldet. Mindestens eine Person soll verletzt worden sein. Vancouvers Bürgermeister Gregor Robertson nannte die Ausschreitungen »peinlich« und »beschämend«.
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