Der Druck auf Sri Lanka wächst

Untersuchung von Kriegsverbrechen gefordert

  • Henri Rudolph, Delhi
  • Lesedauer: 2 Min.
Sri Lankas Präsident Mahinda Rajapakse befand sich beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, als seine Regierung Mitte dieser Woche vom britischen Außenministerium aufgefordert wurde, Verbrechen zu untersuchen, die im Jahre 2009 in der Endphase des Bürgerkrieges in dem Inselstaat begangen wurden.

Alistair Burt, Staatssekretär im Londoner Auswärtigen Amt, reagierte mit seiner Forderung auf einen im Fernsehkanal »Channel 4« gezeigten Dokumentarfilm über die Endphase des über 25 Jahre andauernden militärischen Konflikts zwischen den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) und der srilankischen Armee. Erst nach einer gewissenhaften Aufarbeitung des Kriegsgeschehens, sagte Burt, könne die Aussöhnung zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit Sri Lankas Früchte tragen.

Die tamilischen Befreiungstiger hatten im Norden und Osten des Inselstaates einen Separatstaat für die Tamilen schaffen wollen. Mitte Mai 2009 jedoch zerschlug die Regierungsarmee die militärischen Strukturen der Guerilla, wobei es zu großen Opfern auf beiden Seiten kam. In den letzten Kriegsmonaten, so bestätigte jetzt der Dokumentarfilm »Sri Lanka’s Killing Fields«, wurden sowohl von der LTTE als auch von den Streitkräften Kriegsverbrechen an Zivilisten verübt. Beispielsweise habe die LTTE tamilische Bürger als »Schutzschilde« gegen die Offensive der Armee missbraucht. Regierungssoldaten andererseits hätten Zivilpersonen als »Trophäen« hingerichtet. Der Film zeigt grausige Bilder von der Erschießung Gefangener oder von entkleideten Leichen weiblicher LTTE-Angehöriger, die offensichtlich vergewaltigt worden waren. Für London besteht kein Zweifel daran, dass es sich um neuerliche Beweise für schwere Menschenrechtsverletzungen handelt, die bereits in den letzten Tagen des Krieges im Mai 2009 beklagt wurden.

Colombo aber beharrt auf dem Standpunkt, die Regierungsstreitkräfte hätten keine Zivilisten getötet. Die Beschuldigungen aus dem Ausland störten nur die Arbeit der Wahrheits- und Aussöhnungskommission in Sri Lanka. Das sri-lankische Verteidigungsministerium dementierte die Aussagen des Films postwendend. Es handle sich dabei um »fabrizierte Videos«, die den einzigen Zweck hätten, die Streitkräfte zu diskreditieren. Ein hauseigener Experte äußerte, da sei Filmmaterial absichtlich manipuliert worden. In einer Regierungsstellungnahme hieß es, Berichte wie dieser Dokumentarfilm dienten »nur den Interessen separatistischer Kräfte, die außerhalb Sri Lankas leben«. Indem sie in den Wunden stochern, die das Land gerade zu heilen versuche, verfolgten sie das Ziel, Sri Lanka erneut in den Krieg zu drängen.

Mit ähnlichen Argumenten hatte die Regierung bereits den sogenannten Darusman-Report zurückgewiesen, der im April an UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon übergeben wurde. Dessen Verfasser hatten ebenfalls schwere Vorwürfe gegen beide Kriegsparteien erhoben. Sie halten auch die jüngste Fernsehdokumentation für authentisch. Für die Regierung von Präsident Mahinda Rajapakse dürfte es nicht leicht sein, einfach zur Tagesordnung überzugehen und die Kritik zu ignorieren, nur weil sie aus dem Ausland kommt.

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