Schulterschluss zwischen Sarkozy und Merkel
Einigung über Beteiligung von Banken und Versicherungen an Griechenland-Paket ohne Einzelheiten
»So viele strittige Themen zwischen beiden Ländern gab es schon lange nicht mehr«, schätzte Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik vor dem gestrigen Minigipfel ein. Mit dem Euro, Libyen und dem deutschen Atomausstieg gebe es ungewöhnlich viele Fragen, bei denen Paris und Berlin nicht an einem Strang ziehen. Zumindest in der Griechenland- und damit Euro-Krise fand man wieder eine gemeinsame Sprache.
»Frankreich und Deutschland unterstützen gemeinsam nach allen Kräften den Euro«, versicherte Sarkozy auf der Pressekonferenz. Wobei die Einzelheiten des Rettungsplans noch mit der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgehandelt werden müssen. Zumindest grundsätzlich aber hat Frankreich seinen Widerstand gegen eine vom Bundestag zur Bedingung gemachte Beteiligung privater Banken und Versicherungen aufgegeben – allerdings müssten die Leistungen strikt freiwillig sein. Doch es gibt bislang ohnehin keine rechtliche Grundlage für einen »Pflichtbeitrag«.
Bei der EZB befürchtet man, dass nach einem von der Bundesregierung favorisierten Zahlungsaufschub für Athen diese Anleihen bis hin zum Ramsch-Status abstürzen und so von der Zentralbank nicht mehr als Sicherheit akzeptiert werden könnten. Paris stieß sich bis zuletzt auch an der vorgeschlagenen Laufzeitverlängerung von sieben Jahren, da französische Banken besonders stark in Griechenland engagiert sind und hohe Wertberichtigungen befürchten müssten. Inzwischen verkneift man sich in Berlin konkrete Terminierungen.
So wie beim zweiten Hilfspaket für Griechenland. Das aktuelle hat ein Volumen von 110 Milliarden Euro. Auf dem EU-Gipfel nächste Woche müssen die Staats- und Regierungschefs zumindest sicherstellen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) der Auszahlung der dringend benötigten nächsten Kredittranche über zwölf Milliarden Euro im Juli zustimmen kann. Experten gehen aber davon aus, dass bis zu 120 Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung notwendig sind – verbunden mit einer weiteren Verschärfung des Sparkurses in Griechenland.
Merkel und Sarkozy forderten jetzt einen neuen Prüfbericht der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF über die Lage dort. Differenzen unter den Euro-Partnern, so ist zu hören, könnten das neue Paket noch bis September verzögern, während Merkel gestern »möglichst schnelles Arbeiten« versprach.
Ihr Vorgehen in der Krise wird in der EU weiter argwöhnisch beäugt. So schrieb die polnische Wirtschaftszeitung »Dziennik Gazeta Prawna« am Freitag, dass die Initiatorin einer Beteiligung aller EU-Staaten am Hilfspaket jetzt einen pathetischen Ton anschlage und von Solidarität, Verantwortung und Rettung der Integration spreche. Diese Worte hätten gefehlt, als sich Griechenland bei deutschen und französischen Banken massiv verschuldete. »Es gab den Konsum, es gab die Nachfrage nach deutschen Waren. Ein Eldorado. Jetzt will Berlin allen Ländern die Rechnung ausstellen, ohne zu berücksichtigen, dass nicht alle europäischen Banken von der griechischen Konjunktur profitierten.«
Drohende Pleite
Griechenland wäre Mitte Juli pleite, wenn es kein neues Geld bekommt. Die Finanzminister der Euro-Länder kommen daher am Sonntag in Luxemburg zu einem Krisentreffen zusammen. Da die Zeit für die Vereinbarung eines zweiten Rettungsprogramms nicht ausreicht, fordert EU-Währungskommissar Olli Rehn, am Sonntag die Auszahlung der fünften Tranche des bereits im vergangenen Jahr vereinbarten ersten Hilfspakets für Griechenland über insgesamt 110 Milliarden Euro zu beschließen. Die Rate in Höhe von zwölf Milliarden Euro setzt sich aus Krediten der Euro-Länder sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammen. Damit wäre eine Pleite Griechenlands zunächst abgewendet, das Geld würde aber nur bis September reichen. Langfristige Lösungen wie eine Umschuldung werden diskutiert. AFP/ND
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.