EULEX untersucht Kosovo-Organhandel
Serbien fordert ein Mandat der UNO
Gut ein halbes Jahr nach einem Bericht des Europarates über illegalen Organhandel während des Kosovo-Krieges (1998-1999) hat die EU-Justizmission EULEX eine Ermittlungsgruppe ins Leben gerufen. Die sieben Mitglieder – Kriminalbeamte und Staatsanwälte – werden von Brüssel aus den Vorwürfen des Schweizer Europaratsabgeordneten und ehemaligen Tessiner Staatsanwalts Dick Marty nachgehen. Marty hatte im Dezember einen Report vorgelegt, nach dem der amtierende Regierungschef Kosovo, Hashim Thaci, während des Krieges in den Handel mit Organen serbischer Gefangener und kosovarischer »Kollaborateure verstrickt gewesen sein soll.
Thaci war damals ranghoher Kommandant der paramilitärischen UÇK-Milizen. Während des Separationskrieges stieg er unter dem Decknamen »Gjarpni« (Die Schlange) in den Führungsstab der »Befreiungsarmee Kosovos« auf und befehligte mehrere hundert Paramilitärs in der heutigen Region Malisheva im Südwesten der südserbischen Provinz.
Die Ermittlungsgruppe wurde nun eingerichtet, obgleich EU-Vertreter die Vorwürfe Martys zunächst abgetan hatten. Nach Ansicht einer Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton belegt dies den Willen zur Aufklärung. »Wir wollen diesen Vorwürfen nachgehen«, erklärte Maja Kocijancic. Bereits Ende Januar seien Vorermittlungen eingeleitet worden, die Untersuchungsgruppe wurde nun ins Leben gerufen. Noch Mitte Dezember hatte EULEX-Sprecherin Karin Limdal Nachforschungen abgelehnt, weil die im Marty-Bericht aufgeführten Indizien nicht ausreichten. Die EULEX forderte von dem Schweizer Juristen zudem Beweise an. Marty weist dies nach wie vor zurück. Nach der Ermordung mehrerer Zeugen müsse er seine Informanten schützen und die EULEX sei dazu nicht in der Lage, sagte er, der den westlichen Aggressoren im Kosovo-Krieg Mitwissen vorwirft.
Kritik kommt auch aus Belgrad. Die serbische Regierung drängt auf ein Untersuchungsmandat der UNO. Am Rande eines Treffens der zentraleuropäischen Initiative (CEI) im norditalienischen Triest begrüßte Serbiens Außenminister Vuk Jeremic die Nachforschungen unlängst zwar. Ein Mandat könne angesichts der Tragweite des Falls jedoch nur der UN-Sicherheitsrat erteilen, sagte der Chefdiplomat, der sich auf die Unterstützung Russlands und Chinas berief. »Einige (EU-)Mitgliedstaaten sind dennoch eifrig bemüht, ein solches Verfahren zu verhindern«, fügte Jeremic hinzu. »Weil wir davon ausgehen, dass niemand etwas zu verbergen hat und jedermanns Gewissen rein ist, können wir nicht verstehen, warum es so schwer ist, eine Einigung zu den Vorwürfen des Organhandels zu erzielen.«
Parallel zur Einrichtung der Ermittlungsgruppe in Brüssel versuchen die EULEX-Vertreter dem Misstrauen entgegenzutreten. Anfang vergangener Woche wurden unabhängig von diesen Untersuchungen zwei mutmaßliche Organhändler, ein türkischer Chirurg und ein israelischer Staatsbürger, in der Kosovo-Hauptstadt Priština festgenommen. Sie sollen seit 1998 bedürftigen Spendern für 15 000 Euro Nieren entnommen und sie für bis zu 100 000 Euro verkauft haben.
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