»Leben ist immer lebensgefährlich«

ND-Serie: Welche Versicherungen Sie wirklich brauchen (Teil 10)

  • Lesedauer: 5 Min.
In einer Artikelserie zum umfangreichen Thema Versicherungen behandelt unser Autor HERMANNUS PFEIFFER, Wirtschaftspublizist in Hamburg, jeden Mittwoch an dieser Stelle unterschiedliche Aspekte und Probleme über Versicherungen im Alltag, über Sachversicherungen oder Versicherungen zur Gesundheit und zur Arbeit. Im heutigen Teil 10 geht es um die Risiko-Lebensversicherung.

Lebensversicherungen retten keine Leben. Doch sie können das Leben der Hinterbliebenen erleichtern oder das Risiko eines Kredits mildern.

»Seien wir ehrlich«, scherzte der Schriftsteller Erich Kästner, »Leben ist immer lebensgefährlich.« Und wie so oft, hat einer der populärsten deutschen Dichter selbst in diesem betrüblichen Fall Recht. Der Tod eines Familienmitglieds kann große finanzielle Probleme nach sich ziehen. Gut, wer dann auf eine Lebensversicherungspolice zurückgreifen kann.

Drei von vier Haushalten sind für den Notfall abgesichert

Drei von vier Haushalten besitzen hierzulande eine solche Absicherung für den Notfall. Lebensversicherungen sind in Deutschland zugleich seit Jahrzehnten die beliebteste Form, um langfristig Geld zu sparen und für das Alter vorzusorgen. Verbraucherschützer kritisieren diese Sparform jedoch als »unrentabel«.

Der Grund für die Expertenkritik ist einleuchtend: Die meisten Lebensversicherungen sind sogenannte Kapital-Lebensversicherungen. Diese vermischen die eigentliche Versicherungsleistung, nämlich die finanzielle Absicherung der Hinterbliebenen, mit einer ganz normalen Sparanlage. Solche Mischprodukte kommen den Kunden oft teuer zu stehen. Stattdessen kann die Absicherung der Familie genau so gut über eine einfache und zudem preiswerte Risiko-Lebensversicherung abgedeckt werden.

Eine Risiko-Lebensversicherung dient allein der Familien- und Hinterbliebenenvorsorge. Darum ist sie sinnvoll für junge Familien, mit oder ohne Kind. Ein weiterer Grund für den Abschluss einer Lebensversicherung kann der Schutz der Familie vor Schulden sein, falls man einen Kredit (beispielsweise für den Hausbau) aufgenommen hat. Dagegen ist eine Kapital-Lebensversicherung eigentlich keine Versicherungsangelegenheit, sondern hat vor allem etwas mit Geldanlage und Sparen zu tun.

Sowohl bei der Kapital-Lebensversicherung als auch bei der Risiko-Lebensversicherung wird ein vereinbarter Betrag gezahlt, wenn der Versicherte stirbt. Wichtiger Unterschied: Durch eine Risiko-Lebensversicherung wird allein der Todesfall des Versicherten abgesichert. Stirbt er nicht während der Vertragslaufzeit, behält der Versicherer – wie bei normalen Policen etwa für Hausrat oder Auto – auch die eingezahlten Beiträge. Die Kapital-Lebensversicherung zahlt sowohl beim Tod der versicherten Person als auch, wenn das Vertragsende erreicht wird.

Zur Höhe der Beitragszahlung und Dauer der Laufzeit

Ein Nichtraucher, Mitte Zwanzig, zahlt für eine Versicherungssumme von 150 000 Euro (Laufzeit 30 Jahre) bei günstigen Anbietern etwa 100 Euro Jahresbeitrag. Mehr kostet es, wenn der Kunde bereits 55 Jahre alt ist – nämlich etwa 200 Euro (bei nur zehn Jahren Laufzeit). Wer einen höheren Betrag absichern will, muss entsprechend mit einer höheren Prämie rechnen. Eine Frau würde im gleichen Beispielfall nur um die 65 oder 120 Euro bezahlen. Der Grund, warum Frauen (noch) deutlich niedrigere Prämien zahlen müssen, ist die statistische Todeswahrscheinlichkeit. Da Frauen im Schnitt länger leben als Männer, ist das Risiko für die Versicherungsgesellschaft geringer, und die Beiträge sind daher für weibliche Wesen günstiger. Andererseits: Wer krank ist, egal, ob Mann oder Frau, zahlt höhere Beiträge für seinen Versicherungsschutz.

Unser Tipp
Ehepaare können eine Risiko-Lebensversicherung »auf zwei Leben« abschließen, bei der die Versicherungssumme nur einmal (bei Tod des Erstversterbenden) fällig wird. Diese Versicherungsform ist preiswerter als zwei eigenständige Verträge. Für unverheiratete Paare kann es aus steuerlichen Gründen sinnvoll sein, zwei getrennte Verträge abzuschließen.

Die eigene finanzielle und familiäre Situation bedenken

Bei den Überlegungen zur Höhe der Versicherungssumme sollten Sie besonders die eigene finanzielle und familiäre Situation berücksichtigen. Es sollte von Anfang an eine angemessen hohe Summe versichert werden, da eine Erhöhung zu einem späteren Zeitpunkt nur aufgrund einer erneuten Gesundheitsprüfung möglich ist. Auch bei der Festlegung der Laufzeit einer Risiko-Lebensversicherung ist die Versorgungssituation ausschlaggebend, vor allem das Alter von Kindern. Oft hat sich die Versorgungslage um die »50« entspannt, die Kinder verdienen inzwischen selbst genügend Geld und sind »aus dem Haus«.

Wer meint, nur für einige Jahre eine hohe Hinterbliebenenvorsorge zu benötigen und danach nicht mehr, der kann auch eine (günstigere) Risiko-Lebensversicherung »mit fallender Summe« abschließen. Sinnvoll kann dies beispielsweise sein, wenn die Kinder in absehbarer Zeit finanziell auf eigenen Füßen stehen werden. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, dass man die Versicherungssumme senkt oder den Vertrag kündigt, wenn er nicht mehr gebraucht wird – auch wenn das Leben dann immer noch lebensgefährlich bleibt.

Mehr als 2000 Euro gibt jeder Deutsche – vom Baby bis zum Greis – pro Jahr für private Versicherungen aus. »Doch verpulvern die Verbraucher eine Menge Geld für überflüssige oder zu teure Versicherungen«, kritisiert die Verbraucherzentrale Hamburg, nicht alleine mit »falschen« Lebensversicherungen. Einige sind über-, andere unterversichert, wiederum andere haben bei einer zu teuren Versicherungsgesellschaft unterschrieben. So kostet der Abschluss falscher oder zu teurer Versicherungsverträge die Bundesbürger Jahr für Jahr Millionen Euro. Oft ahnen Verbraucher gar nichts von den Fehlern und Verlusten. Licht in den Versicherungsdschungel bringen auch Ratgeber (siehe Lesetipp).

Lesetipp

»Der Versicherungsratgeber« der Stiftung Warentest dreht sich nicht allein um Risiko-Lebensversicherungen. Ob Hausrat-, Haftpflicht-, Unfall- oder Lebensversicherung – der Ratgeber schafft Durchblick im Dickicht aus Policen und Paragrafen. So erfährt man, welche Versicherung für wen sinnvoll oder überflüssig ist, worauf man bei Vertragsschluss achten muss und wie man seriöse von unseriösen Versicherungsvermittlern unterscheiden kann. Er erklärt auch, wie man Versicherungen widerruft oder kündigt und wie man im Streitfall am besten zu seinem Recht kommt. Der neue Wegweiser von Isabell Pohlmann gibt Tipps und Ratschläge, wie man aus teuren oder überflüssigen Verträgen herauskommt, was man bei einem Wechsel zu einer günstigeren Versicherungsgesellschaft beachten muss und worauf es beim Neuabschluss ankommt. Vor allem aber hilft der Ratgeber bei der Ermittlung des eigenen Versicherungsbedarfs. Den Ratgeber gibt es für 16,90 Euro in jedem Buchladen. H.P.

Teil 11 in der nächsten Woche: Provisionen für Versicherungsvertreter

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