Wichtiger Grund für fristlose Kündigung?
Umzug ins Pflegeheim
Im Abs. 1 heißt es: »Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.«
Trifft das auch zu, wenn ein sehr alter Mieter plötzlich in ein Pflegeheim eingewiesen werden muss? Im ND-Ratgeber Nr. 1001 vom 25. Mai 2011 hatten wir das im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach Kündigungsmöglichkeiten bejaht. Das war ein Fehler, den wir zu entschuldigen bitten. Aus mietrechtlicher Sicht ist das kein »wichtiger« Grund für eine fristlose Kündigung.
Wir fragten nach bei Ulrich Ropertz, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes, wie in solchen Fällen die Abwägung der beiderseitigen Interessen aussehen könnte. Die Frage ist: Könnte die plötzliche Pflegebedürftigkeit eines alten Mieters nicht auch als ein wichtiger Grund für eine schnellere Kündigung der Wohnung angesehen werden statt des Abwartens auf die generelle dreimonatige Kündigungsfrist? Immerhin muss dann die Miete für drei Monate weiterbezahlt werden, obwohl die Wohnung in diesem Zeitraum leersteht. Monatliche Miete und die monatlichen Kosten des Pflegeheims können sich rasch vierstellig summieren. Ist es nicht auch im Interesse eines derart betroffenen Mieters, dessen Leben sich tief greifend und radikal verändert, solche Kosten zu vermeiden?
»Natürlich ist es im Interesse des Mieters«, so der Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes, »dass bei einem notwendigen Wechsel in ein Alten- oder Pflegeheim die bisherige Wohnung schnellstmöglich gekündigt werden kann. Aber schneller als mit der dreimonatigen Kündigungsfrist ist es nach unserer Rechtsordnung nicht möglich. Der Vermieter ist daran interessiert, dass der Mietvertrag eingehalten wird und dass er ausreichend Zeit hat, innerhalb der Kündigungsfrist einen Nachfolgemieter zu suchen. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Umzug in ein Altenheim in der Regel nicht ›über Nacht‹ realisiert werden muss, da er sich einige Zeit vorher anbahnt oder abzeichnet. Vielleicht kann in diesem Fall schon vorher in einem Gespräch mit dem Vermieter oder der Hausverwaltung gemeinsam nach einer Lösung gesucht werden.«
Bei echten Zeitmietverträgen oder einem im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsverzicht beziehungsweise Kündigungsausschluss können die älteren Mieter noch nicht einmal mit einer Frist von drei Monaten kündigen. Hier bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, einen Nachmieter zu suchen. Hierzu sind Sie dann aber auch berechtigt.
Kurzum: Fristlos kündigen kann der Mieter also nicht, wenn er in ein Heim zieht. ND
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.