Liste der Schande

Kommentar von Martin Ling

  • Lesedauer: 1 Min.

Guido Westerwelle kann einen Erfolg verbuchen: Alle 15 Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates stimmten der deutschen Resolutionsvorlage zum besseren Schutz von Kindern in Kriegen zu. Auf dem Papier ein Fortschritt, der helfen könnte, den Druck auf Kriegsparteien zu erhöhen, künftig Schulen und Krankenhäuser nicht mehr als Bombenziele in Betracht zu ziehen. Dass sich Kriegsherren von der Erweiterung der »Liste der Schande« wirklich beeindrucken lassen, ist freilich eher unwahrscheinlich. Seit 1977 ist der Einsatz von Kindersoldaten völkerrechtlich verboten, seit 2002 verbietet ein UN-Protokoll, dass Kinder unter 18 Jahren zwangsweise für den Militärdienst rekrutiert werden.

Die Realität sieht anders aus: Etwa 300 000 Kindersoldaten werden derzeit als Kanonenfutter verheizt oder als Kundschafter, Sex- oder Küchensklaven missbraucht. Zwei Millionen Kinder starben in den vergangenen zehn Jahren im oder am Krieg. Außer Resolutionen ist zu ihrem Schutz nicht viel passiert: Der bisher einzige Prozess gegen einen mutmaßlichen Kindersoldatenrekrutierer, den Kongolesen Thomas Lubanga, liegt beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auf Eis – Verurteilung ungewiss. Für die Resozialisierung von Kindersoldaten stehen seit Jahr und Tag kaum Mittel zur Verfügung. Resolutionen sind billig, die Realität zu verändern, kostet vor allem zweierlei: politischen Willen und juristische Konsequenzen für alle Kriegsverbrecher.

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